Falls Ukraine den Krieg verliert Bundesregierung fürchtet zehn Millionen Flüchtlinge
10.02.2024, 08:37 Uhr Artikel anhören
In Deutschland leben bereits rund eine Million Geflüchtete aus der Ukraine.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der Bund bereitet sich auf das Szenario einer Massenflucht nach Westeuropa vor, sollte die Ukraine aufgrund des Angriffskriegs Russlands zerfallen. Dabei wäre Deutschland eines der Fluchtziele. Ein Migrationsexperte befürchtet sogar eine noch größere Zahl.
Die Bundesregierung geht nach einem Pressebericht bei einem Zerfall der Ukraine davon aus, dass rund zehn Millionen Menschen zusätzlich das Land verlassen. Die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge würde in diesem Szenario nach Westeuropa aufbrechen, ein Zielland wäre Deutschland, berichtet die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Sicherheitskreise und unterrichtete Parlamentarier.
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter forderte vor diesem Hintergrund, die Unterstützerstaaten der Ukraine müssten die militärische Hilfe angesichts des aktuellen Zögerns der USA deutlich erhöhen. "Wenn wir unsere Strategie bei der Ukraine-Unterstützung nicht ändern, wird das Worst-Case-Szenario einer Massenflucht aus der Ukraine und einer Ausweitung des Krieges auf NATO-Staaten sehr viel wahrscheinlicher", sagte er der Zeitung. "Dann sind zehn Millionen Flüchtlinge eher eine untere Annahme."
Migrationsforscher Gerald Knaus teilt die Einschätzung einer Massenflucht bei einem Zerfall der Ukraine: "Würde die Ukraine den Krieg verlieren, könnten auch viel mehr als zehn Millionen Flüchtlinge in die EU kommen", sagte er der Zeitung. "Es ist jetzt schon die größte Fluchtbewegung in Europa seit den 1940er Jahren." Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 sind bereits mehr als eine Million Menschen von der Ukraine nach Deutschland geflüchtet.
Forderung nach gemeinsamen Schulden für Ukraine
Sollten die USA als Unterstützer weiterhin ausfallen, müsse Europa nachlegen, forderte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth. "Die EU sollte dann über eine gemeinsame Schuldenaufnahme nachdenken", sagte er der "Welt am Sonntag". Dabei gehe es darum, "erstens den ukrainischen Haushalt und Wiederaufbau langfristig zu finanzieren, zweitens die europäische Rüstungsproduktion noch schneller hochzufahren und drittens Rüstungsgüter für die Ukraine, vor allem Munition, nicht nur in Europa, sondern auf dem Weltmarkt einzukaufen."
Trotz der aktuellen Probleme in der Ukraine gehe die Bundesregierung davon aus, dass das Land über die militärischen und finanziellen Mittel verfügt, um die Verteidigung und Stabilität bis Ende 2024 aufrechtzuerhalten, hieß es in dem Bericht der "Welt am Sonntag" weiter. Sowohl deutsche Dienste als auch westliche Analysten halten große Frontdurchbrüche in diesem Jahr für unwahrscheinlich.
Quelle: ntv.de, lme/AFP