Botschafter reist nach Kabul Bundesregierung will auf Taliban zugehen
06.11.2021, 15:09 Uhr
Die Radikalislamisten bilden seit der Machtübernahme im August die Staatsmacht.
(Foto: picture alliance / AA)
Wie umgehen mit Extremisten, die auf einmal die Staatsmacht stellen? Die Bundesregierung will offenbar mit den Taliban die diplomatischen Möglichkeiten ausloten und schickt einen Botschafter nach Afghanistan. Auch die Ausreise der im Land verbliebenen Ortskräfte nach Deutschland könnte so erleichtert werden.
Die Bundesregierung plant einem Zeitungsbericht zufolge Schritte für einen veränderten Umgang mit der Taliban-Regierung in Afghanistan. So solle der deutsche Botschafter Markus Potzel in den nächsten Wochen ins Land reisen, berichtete die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Regierungskreise. Vor Ort wolle er mit den radikalislamistischen Taliban Möglichkeiten erörtern, wie deutsche Diplomaten zunächst im Rahmen von Tagesreisen wieder in Afghanistan aktiv werden könnten.
Zudem prüft der Generalbundesanwalt dem Bericht zufolge, inwiefern gegen Angehörige der Taliban noch wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ermittelt werden kann, wenn die Taliban als Staatsmacht gelten.
Die Radikalislamisten hatten Mitte August wieder die Macht in Afghanistan übernommen, was zu einem chaotischen Rückzug der letzten internationalen Kräfte nach knapp 20 Jahren Militäreinsatz am Hindukusch führte. Ziel der von der Bundesregierung geplanten Schritte ist es laut "WamS", die Kommunikation mit den Taliban zu erleichtern, um besser humanitäre Hilfe für die Bevölkerung leisten zu können. Zudem werde überlegt, auch Pässe anzuerkennen, die unter der Herrschaft der Islamisten ausgestellt wurden.
Dadurch würde auch die Ausreise ehemaliger Ortskräfte der Bundeswehr und deutscher Organisationen erleichtert werden, denen die Bundesrepublik Schutz zugesagt hat. Die Bundesregierung steht in der Kritik, weil sie viele afghanische Ortskräfte und andere gefährdete Afghanen nicht schon vor der Machtübernahme der Taliban ausgeflogen hat. Eine militärische Luftbrücke für diese Menschen zur Ausreise über den Flughafen Kabul gab es nur bis Ende August.
Quelle: ntv.de, jhe/AFP