Einsatz von Awacs als Druckmittel Bundeswehrverband für Verbleib in Incirlik
13.07.2016, 11:28 Uhr
Ein Recce-Tornado der Bundeswehr-Luftwaffe in Incirlik.
(Foto: dpa)
Ein Abzug aus Incirlik wäre nach Ansicht des Bundeswehrverbandes nicht hilfreich im Kampf gegen den IS. In der Debatte gehe es in Wirklichkeit nur um einen Gesichtsverlust des türkischen Präsidenten Erdogan. Der Einsatz von Aufklärungsflugzeugen befeuert den Streit.
Wegen des Besuchsverbots für Bundestagsabgeordnete bei den in der Türkei stationierten Bundeswehr-Einheiten stellt die SPD einen geplanten Einsatz von Aufklärungsflugzeugen in Frage. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir dem geplanten Mandat für den Einsatz von Awacs in der Türkei zustimmen werden, wenn nicht klar ist, dass wir dorthin können", sagte der SPD-Bundeswehrexperte Rainer Arnold der "Rheinischen Post".
Sein Parteichef Sigmar erhöht ebenfalls den Druck auf den Nato-Partner Türkei. Er schloss einen Verbleib der Truppe auf dem Stützpunkt Incirlik für den Fall aus, dass das Besuchsverbot für deutsche Abgeordnete bestehen bleibt. "Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee", sagte er laut "Mitteldeutscher Zeitung". "Und wenn das Parlament nicht seine Armee besuchen kann, dann kann die Armee nicht da bleiben. Das ist völlig klar", betonte der Vizekanzler.
Am Wochenende hatte der Nato-Gipfel in Warschau beschlossen, das Kampfgeschehen in Syrien und dem Irak mit Awacs-Aufklärungsmaschinen stärker zu überwachen. Die Sozialdemokraten wollen der Beteiligung von Bundeswehrsoldaten an dieser Mission nur zustimmen, wenn das Besuchsverbot fällt. Zuvor hatte auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) den Abzug nicht mehr ausgeschlossen.
"Kurzschlussreaktionen sind falsch"
Dagegen warnte der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, André Wüstner, vor einem Abzug aus Incirlik. "Vollkommen klar ist, Parlamentarier müssen in die Einsatzgebiete reisen dürfen. Aber Kurzschlussreaktionen sind falsch", sagte Wüstner in der ARD. Ein Abzug der deutschen Soldaten, die von der Türkei aus beim Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) helfen, würde aus seiner Sicht "extrem schaden".
Erdogans Weigerung, deutsche Bundestagsabgeordnete nach Incirlik reisen zu lassen, wird allgemein als Reaktion auf die Armenien-Resolution des deutschen Parlaments gesehen, die die Massaker des Osmanischen Reiches an Armeniern vor 100 Jahren als Völkermord verurteilt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte kürzlich am Rande des Nato-Gipfels in Warschau mit Staatschef Recep Tayyip Edogan gesprochen, diesen aber noch nicht zu einer Abkehr von seiner Haltung bringen können. Die Gespräche zu dem Streitthema sollen weiterlaufen. Auch Merkel hält es für notwendig, dass deutsche Parlamentarier die Bundeswehrsoldaten in Incirlik besuchen können. Mit einem Abzug hat sie aber bislang nicht gedroht.
Die türkische Regierung ist verärgert, weil der Bundestag im Juni eine Erklärung verabschiedet hatte, in der die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord verurteilt werden. "Sicherlich ist Fakt: Erdogan hat sich eine Grube gegraben, und man muss jetzt sehen, wie er da wieder ohne Gesichtsverlust rauskommt", sagte Wüstner.
Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa/rts