Start zum 1. Januar in Gefahr CDU droht mit Blockade beim Bürgergeld
30.10.2022, 01:10 Uhr
Auch aus den Jobcentern bekommt Arbeitsminister Hubertus Heil Gegenwind.
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Die Einführung des Bürgergelds soll laut Arbeitsminister Heil "eine der größten Sozialreformen seit 20 Jahren" bringen - und zwar mit dem Auftakt des neuen Jahres. Die Union droht einem Bericht zufolge nun mit einer Blockade im Bundesrat - und will das Bürgergeld offenbar beim Schonvermögen beschneiden.
Der für den 1. Januar 2023 geplante Start des Bürgergeldes könnte sich verzögern. Denn die Union will das zustimmungspflichtige Gesetz in seiner bisherigen Form im Bundesrat blockieren, falls die Ampelkoalition nicht zu weitreichenden Zugeständnissen bereit ist. "Die CDU wird dem so nicht zustimmen können", sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja dem Berliner "Tagesspiegel". "Ich gehe davon aus, dass wir darüber im Vermittlungsausschuss werden sprechen müssen."
Czaja kritisierte den Plan, hohe Schonvermögen einzuführen. "Eine vierköpfige Familie soll mit einem Schonvermögen von 150.000 Euro trotzdem Anspruch auf das Bürgergeld haben, während eine andere junge Familie hart arbeitet und Steuern zahlt, um das Bürgergeld zu finanzieren. Das ist zutiefst unsozial und verletzt alle Grundsätze einer sozialen Marktwirtschaft. Wer arbeitet, muss mehr haben, als der, der arbeiten kann und es nicht tut." Auch schaffe es die falschen Anreize, die Heizkosten in vollem Umfang zu übernehmen.
Kommt es tatsächlich zu einem Vermittlungsausschuss, könnte die Reform nach Einschätzung aus Koalitionskreisen nicht wie geplant zum Jahreswechsel in Kraft treten, da dann den Jobcentern die Zeit zur Vorbereitung fehlen würde. Das Bürgergeld soll das bisherige Arbeitslosengeld II ersetzen. Die Ampelparteien wollen höhere Regelsätze, weniger Sanktionen als bisher und deutlich höhere Schonvermögen - für eine Familie mit vier Kinder beispielsweise 150.000 Euro.
Sager: "Die Jobcenter sind schon jetzt am Rotieren"
CDU-Parteichef Friedrich Merz befürwortete in seiner Rede auf dem CSU-Parteitag in Augsburg die Erhöhung der Regelsätze, kritisierte aber die übrigen Pläne scharf. Durch die Reform werde eine reguläre Beschäftigung für viele Menschen "überhaupt keinen Sinn mehr" machen.
Merz' Parteikollege Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistags, sprach sich indirekt dafür aus, die Reform zu verschieben. "Die Jobcenter sind schon jetzt am Rotieren", sagte er dem Tagesspiegel. Das Bürgergeld komme "zur Unzeit", da die Jobcenter aufgrund der Geflüchteten aus der Ukraine ohnehin "mitten in der Krisenbewältigung" stünden. Notwendig sei ausreichend Zeit zur Vorbereitung.
Die Jobcenter-Personalräte warnen Bundesregierung und Bundestag angesichts der geplanten Einführung des Bürgergelds sowie der vorgesehenen Etatkürzungen unterdessen bereits selbst eindringlich vor einer akuten Überlastung der Jobcenter-Beschäftigten. Diese sei "in dieser Form nicht hinnehmbar und tragbar", heißt es in einem Brandbrief an Finanzminister Christian Lindner, Arbeitsminister Hubertus Heil und den Haushaltsausschuss des Bundestags, der dem "Spiegel" vorliegt.
Sie fordern unter anderem eine Verschiebung einiger Teile der Bürgergeldreform auf Juli kommenden Jahres, 5000 zusätzliche Stellen – und die Rücknahme der von Finanzminister Lindner für 2023 vorgesehenen Kürzungen bei den Eingliederungsmitteln für Langzeitarbeitslose auf den Arbeitsmarkt. Die Anhebung des Regelsatzes und der Vermögensgrenzen soll nach dem Willen der Personalräte der Vorabmeldung des "Spiegel" zufolge aber wie geplant bereits im Januar erfolgen.
Quelle: ntv.de, mpe