Lauterbach kritisiert Impfstopp Dänemark und Norwegen legen Astrazeneca auf Eis
11.03.2021, 17:17 Uhr
Eine Polizistin wird mit dem Vakzin von Astrazeneca geimpft.
(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)
Astrazeneca hat mit neuerlichen Zweifeln zu kämpfen: Nach Vorfällen mit Blutgerinnseln in Österreich und Dänemark stoppen Dänemark und Norwegen den Einsatz des Impfstoffs für zwei Wochen. Die Bundesregierung überlässt die Prüfung der EMA.
Dänemark und Norwegen stoppen vorübergehend Corona-Impfungen mit dem Vakzin des britisch-schwedischen Pharmakonzerns Astrazeneca. Grund dafür sind Berichte über Komplikationen durch Blutgerinnsel nach der Impfung. In Dänemark starb eine 60-Jährige, die eine Dosis aus derselben Charge erhielt, die auch in Österreich zum Einsatz kam. Wien hatte Impfungen mit dieser Charge nach einem Todes- und einem Krankheitsfall gestoppt. Die Bundesregierung verweist auf laufende Untersuchungen auf EU-Ebene. Nach jetzigem Stand gebe es noch keine Hinweise darauf, dass der Todesfall in Dänemark mit einer Impfung ursächlich in Verbindung stehe, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Aktuell untersuchten die europäischen Arzneimittelbehörden den Fall.
Es gebe gegenwärtig noch keine Hinweise darauf, dass ein Zusammenhang bestehe, twitterte der dänische Gesundheitsminister Magnus Heunicke. Es handele sich um eine Vorsichtsmaßnahme, die Vorfälle müssten gründlich untersucht werden. Die Impfungen in Dänemark mit Astrazeneca sollen nun für zwei Wochen ausgesetzt werden. Die dänischen Behörden erklärten, man reagiere damit "auf Berichte über mögliche schwerwiegende Nebenwirkungen sowohl aus Dänemark als auch anderen europäischen Ländern".
Auch in Norwegen sprach der Abteilungsleiter für Infektionskrankheiten am norwegischen Institut für öffentliche Gesundheit, Geir Bukholm, von einer "Vorsichtsmaßnahme". Wie lange die Impfungen mit dem Mittel ausgesetzt werden, erklärte das Institut zunächst nicht. Italien gab bekannt, Impfungen mit einer ganz bestimmten Charge des Impfstoffs nach Hinweisen auf schwere Nebenwirkungen zu verbieten.
Lauterbach: Immenser Schaden
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach wies darauf hin, dass Thrombosen eine häufige Folge von Covid-19 sind. "Der Impfstoff hätte aus meiner Sicht auf Grundlage eines Falles in Dänemark nicht gestoppt werden sollen. Der Schaden in Vertrauen ist immens", schrieb er auf Twitter.
Ein deutscher Experte hält einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Astrazeneca-Impfung und dem Todesfall in Dänemark für unwahrscheinlich. "Ein direkter Zusammenhang ist nicht richtig vorstellbar, das kann auch Zufall sein", sagte der Infektiologe Bernd Salzberger vom Universitätsklinikum Regensburg. "Das ist etwas Außergewöhnliches. Gefäßverschlüsse sind weder in den Zulassungsstudien aufgetaucht noch bei den Impfungen in England, und dort ist man sehr wachsam." Allerdings müsse man dem Vorfall nachgehen, sagte Salzberger. "Wenn man ein solches Phänomen sieht, dann muss man das untersuchen, und das tun die Dänen derzeit."
EMA sieht keine Hinweise auf Impfnebenwirkung
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte am Mittwoch mitgeteilt, sie habe bislang keine Hinweise dafür, dass die Fälle in Österreich auf die Impfung mit dem Astrazeneca-Vakzin zurückzuführen sind. Österreich hatte vor wenigen Tagen die Impfungen mit einer Charge des Impfstoffs gestoppt, nachdem eine Krankenschwester an den Folgen einer schweren Gerinnungsstörung starb und eine andere eine schwere Lungenembolie erlitt. Sie hatten zuvor Impfungen aus derselben Charge erhalten.
Die EMA hatte erklärt, die Charge "ABV5300" mit einer Million Impfdosen sei an 17 EU-Länder geliefert worden. In Estland, Litauen, Luxemburg und Lettland seien die Impfungen mit dieser Charge ebenfalls eingestellt worden. Der Vorfall wird nun vom Sicherheitskomitee der Behörde geprüft. Die bisher verfügbaren Informationen zeigten, dass die Anzahl der thrombo-embolischen Vorfälle bei geimpften Personen nicht höher sei als in der Allgemeinbevölkerung.
Bis zum 9. März seien 22 Fälle von thrombo-embolischen Vorfällen unter den drei Millionen Menschen gemeldet worden, die bisher in der EU mit dem Astrazeneca-Mittel geimpft wurden. Astrazeneca erklärte, dem Unternehmen seien die Untersuchungen in Dänemark bekannt. Die Sicherheit des Impfstoffs sei umfassend untersucht worden. Die klinischen Daten bestätigten, dass dieser allgemein gut vertragen werde.
Quelle: ntv.de, mau/rts/dpa