SPD versagt im Fall Edathy Das unerträgliche Schweigen der Genossen
06.02.2015, 12:50 Uhr
In Sachen Edathy nicht besonders redselig: Sigmar Gabriel (l.) und Thomas Oppermann.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der SPD-Politiker Michael Hartmann wird offen der Lüge beschuldigt. Die Sozialdemokraten nehmen das achselzuckend zur Kenntnis. Sie wollen die Edathy-Affäre einfach aussitzen. Aber das ist ein Fehler.
Armin Schuster steht im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus vor Saal 3101 und ringt mit den Worten. "Ich finde keine Steigerung mehr. Für die SPD wird es immer schwieriger", sagt er. Der CDU-Obmann im Edathy-Untersuchungsausschuss trifft es ganz gut. Nach der Aussageverweigerung des SPD-Politikers Michael Hartmann stecken die Sozialdemokraten gehörig in der Klemme. Egal, was sich in dem Gremium abspielt - die SPD rutscht immer tiefer rein. Freier Fall.
Vor etwa einem Jahr legte Sebastian Edathy sein Mandat nieder, seitdem zieht sich die Affäre wie ein Kaugummi. Das liegt vor allem an der SPD. Das Thema ist der Partei so unangenehm, dass niemand mehr offen darüber sprechen mag. Weder Parteichef Sigmar Gabriel oder Generalsekretärin Yasmin Fahimi noch Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht oder Fraktionschef Thomas Oppermann. Bei letzteren beiden liegt der Grund nahe: Sie sind selbst in die Affäre verstrickt. Selbstkritik ist da nur riskant.
Aber das Schweigen macht es immer schlimmer. Mit jeder Ausschusssitzung, mit jeder Woche, die die Affäre andauert, wächst das Gefühl, die SPD hätte etwas zu verbergen. Als wolle sie das Ganze aussitzen statt aufzuklären. Dabei müsste die Partei die Flucht nach vorn suchen, um guten Willen zu demonstrieren und das leidige Thema endlich abzuräumen. Bitte endlich Klartext, SPD!
"Wer nicht die Wahrheit sagt, der ist erledigt"
Die meisten Betroffenen haben erstaunlich gute Erinnerungen an die Ereignisse im Herbst 2013. Nur die Zeugen der SPD nicht. Dem Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs mag gar nichts einfallen. Hartmann, dessen erste Aussage von mehreren Zeugen widerlegt wurde, zieht es vor, gar nichts mehr zu sagen. Gegen ihn wird nun wegen uneidlicher Falschaussage ermittelt - wegen des Verdachts auf Strafvereitelung und Geheimnisverrat. Auch wenn Hartmann wohl mit einer Geldstrafe davonkommen dürfte: Politiker sind schon wegen weniger zurückgetreten.
Doch bislang hat die Affäre keine Konsequenzen. Ob Hartmann sein Mandat abgeben müsse? Diese Frage stelle sich für sie nicht, sagt Ausschussvorsitzende Eva Högl achselzuckend. "Hartmann ist angeschlagen. Wer in der Politik nicht die Wahrheit sagt, der ist erledigt", sagt ein Mitglied des Fraktionsvorstandes n-tv.de. Jeder weiß: Hartmann fallen zu lassen, könnte gefährlich sein. Vielleicht hat er ja etwas in der Hand gegen die SPD-Spitze. Dann lieber aussitzen.
Die Partei schadet mit ihrem Taktieren jedoch nicht nur sich selbst, sondern der gesamten Politik. Was ist das für ein Rechtsstaat, in dem Politiker Strafverfahren vertuschen und sich gegenseitig Informationen aus Ermittlerkreisen stecken? Wie fatal ist es vor allem, wenn so etwas folgenlos bleibt? In der SPD, die so gerne mehr wäre als eine 25-Prozent-Partei und der Juniorpartner in der Koalition, nimmt man das bewusst in Kauf.
Quelle: ntv.de