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Amerikas Politik auf Pump So hoch sind die USA verschuldet

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Der Haushaltsstreit in Washington entwickelt sich zum Risikofaktor für die Weltwirtschaft. Wie tief steckt die mächtige Supermacht in den Miesen? Daten aus offiziellen Quellen zeigen Summen in dramatischen Dimensionen.

Der Streit um die US-Staatsausgaben und die drohenden Auswirkungen auf die Weltwirtschaft lenken Licht auf die finanziellen Spielräume der Vereinigten Staaten. In der US-Hauptstadt Washington, D.C. ringen Demokraten und Republikaner seit Wochen um die längst fällige Anhebung der Schuldenobergrenze.

Bekommen die Vereinigten Staaten unter dem Eindruck parteipolitischer Machtspiele ihre Finanzen nicht mehr in den Griff? Weltweit wächst die Sorge. Tatsächlich ist die US-Staatsverschuldung in den vergangenen beiden Jahrzehnten dramatisch angewachsen, wie offizielle Zahlen belegen:

Die Summen wirken wahrhaft gewaltig: Im Jahr der Lehman-Krise 2008 übersprang der Schuldenstand erstmals die 10-Billionen-Dollar-Marke. Nicht mal zehn Jahre später war die Schwelle von 20 Billionen Dollar erreicht. Mit der Coronavirus-Pandemie kamen weitere Belastungen hinzu. Egal ob unter Bush, Obama oder Trump: Die USA geben seit Jahren sehr viel mehr Geld aus als über Steuereinnahmen wieder hereinkommen. Die Folge: Ein enormes jährliches Minus, der Schuldenberg wird immer höher.

Mittlerweile hat diese Entwicklung alarmierende Ausmaße angenommen: Die tiefen Gräben zwischen Demokraten und Republikanern könnten dazu führen, heißt es, dass die USA tatsächlich bald in die Zahlungsunfähigkeit rutschen könnten. Es wäre das erste Mal überhaupt, dass eine US-Regierung ihre Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen könnte.

Selbst die gewaltige Summe von zuletzt knapp 4,9 Billionen Dollar an Steuereinnahmen reicht nicht aus, um sämtliche Staatsausgaben zu decken. Im zurückliegenden Jahr musste die US-Regierung beim Kongress zusätzlich die Aufnahmen von 1,375 Billionen Dollar an neuen Schulden beantragen, um finanziell über Wasser zu bleiben.

Das Problem: Die staatlichen Ausgaben bestehen größtenteils aus langfristigen, fest eingeplanten Verbindungen. Prognosen der Budget-Experten deuten darauf hin, dass zum Beispiel die Pensionslasten in den kommenden Jahren weiter steigen werden. Dazu kommt der weltweit größte Militäretat - und dringend erforderliche Investitionen zum Ausbau der Infrastruktur. Nur: Die Finanzierung über neue Schulden kann der amtierende US-Präsident Joe Biden nicht einfach ausweiten.

In den USA schränkt die seit 1917 fest verankerte Schuldenobergrenze den finanziellen Spielraum der Regierung generell ein. Aktuell liegt diese Grenze bei 31,4 Billionen Dollar (rund 28,6 Billionen Euro).

Die USA hatten das Limit bereits im Januar erreicht. Seitdem zögert die US-Regierung die drohende Zahlungsfähigkeit nur mittels "außergewöhnlichen Maßnahmen" hinaus. Die Möglichkeiten dazu sind aber bald ausgeschöpft.

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US-Finanzministerin Janet Yellen geht davon aus, dass die USA das Limit voraussichtlich Anfang Juni erreichen. "Es gibt keine Zeit zu verlieren", warnte sie mit Blick auf die potenziellen Auswirkungen auf das weltweite Finanzsystem.

Das Budget-Limit wurde in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zwar wiederholt nach oben verschoben. Und bis weit in die 2000er Jahre war das innenpolitisch unumstritten und weitgehend geräuschlos möglich. Anheben kann die Schuldenobergrenze aber nur der Kongress. Eine Mehrheit der Abgeordneten und Senatoren muss zustimmen. Hier sieht sich Biden mit massivem Widerstand konfrontiert.

Denn diesmal legen sich die Republikaner quer: Obwohl der Stichtag näher rückt und die staatlichen Stellen bei Löhnen, Gehältern, Pensionen und Sozialleistungen kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehen, wollen sie die erneute Anhebung nur unter strikten Bedingungen freigeben. Biden und die Demokraten sollen empfindliche Kürzungen der Ausgaben zusagen und dafür politisch die Verantwortung übernehmen.

Dass dieser Machtpoker mit dem Staatsetat an den Märkten für so großes Aufsehen sorgt, hat ernste Gründe: Bisher waren die USA der verlässlichste Schuldner schlechthin. US-Staatsanleihen schlummern in den Depots großer Anleger in China, Japan und Europa. Der US-Regierung Geld zu leihen, war bislang sicher und lukrativ.

In den Büchern vieler Banken bilden die US-Bonds eine Art stabile Sicherheit. Diesmal jedoch scheint in der US-Politik nicht mehr ausgeschlossen, dass es doch zum Zahlungsausfall kommen könnte. Die möglichen Schockwellen im Weltfinanzsystem treiben Insidern wie Yellen offenbar kalten Schweiß auf die Stirn.

Schulden in Höhe von 30.929 Milliarden Dollar - in Worten fast einunddreißigtausend Milliarden - und ein jährliches Defizit von zuletzt 1375 Milliarden: Allein die Kreditaufnahme der USA übersteigt das Ausgabevolumen des deutschen Staatshaushalts um fast das Dreifache.

Die Daten zum US-Staatshaushalt kommen teils direkt vom US-Finanzministerium, teils vom Budget-Büro im Weißen Haus oder aus den Beständen des Congressional Budget Office (CBO), einer Art Rechnungshof, der die US-Staatsfinanzen im Auftrag von Senat und Repräsentantenhaus strengen Auges im Blick behält.

Die Summen wirken riesig, im Vergleich zur US-Wirtschaftskraft und dem Verschuldungsgrad anderer Länder bewegen sich die Finanzen der Vereinigten Staaten jedoch noch nicht unbedingt im katastrophalen Bereich. Bei der Schuldenquote zum Beispiel liegen die USA zwar deutlich über dem deutschen Niveau.

Von griechischen Verhältnissen aus der Zeit der Eurokrise sind die US-Zahlen aber noch weit entfernt. Erst mit den Sonderbelastungen der Coronavirus-Pandemie sprang die US-Quote auf 138 Prozent der gesamten jährlichen Wirtschaftsleistung.

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In Deutschland liegt diese Kennzahl aktuell bei 66,3 Prozent - und damit allen Sparbemühungen zum Trotz noch immer über dem Maastricht-Limit. Und: Anders als in den USA gibt es in Deutschland kein formelles Schuldenlimit.

Direkte Vergleiche sind angesichts der dramatischen Aussichten jedoch heikel: Dafür drehen die Vereinigten Staaten sowohl mit ihrer politischen Kultur als auch bei ihren Staatsausgaben, den Steuereinnahmen und mit der dahinter stehenden Wirtschaftskraft ein ganz anderes Rad als die Deutschen.

Quelle: ntv.de

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