Regierungserklärung zur Bundeswehr De Maizière wirbt für Reform
27.05.2011, 11:01 Uhr
Verteidigungsminister De Maiziere wirbt im Parlament für eine Neuausrichtung der Bundeswehr.
(Foto: dpa)
Verteidigungsminister De Maizière will eine leistungsfähige Bundeswehr auf die Beine stellen, die in der Gesellschaft verankert ist. Er sieht bei einer drastisch reduzierten Soldatenzahl mehr internationale Verantwortung auf die Bundeswehr zukommen.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat vor dem Bundestag um eine breite Zustimmung zur geplanten Reform der Bundeswehr geworben. In Deutschland sei es "gute Tradition", dass über die Bundeswehr Einvernehmen zwischen Regierung und Opposition herrsche, sagte der CDU-Politiker in einer Regierungserklärung. Darum wolle er sich auch bei der jetzigen Neuausrichtung bemühen.
"Wir können diesen Auftrag am besten erfüllen, wenn wir ihn gemeinsam wahrnehmen", sagte De Maizière. Er sprach sich für eine intensive öffentliche Debatte über die Reformpläne aus: "Die Bundeswehr reicht der Öffentlichkeit die Hand."
Der Verteidigungsminister plant eine drastische Verkleinerung der Streitkräfte von 220.000 auf 175.000 bis 185.000 Soldaten. Gleichzeitig sollen aber mehr Soldaten in Auslandseinsätze geschickt werden können. Bei den darüber hinaus freiwillig Wehrdienstleistenden rechnet de Maizière mit 5000 Soldaten, möglich sind allerdings bis zu 15.000. Im Verteidigungsministerium selbst sollen von den derzeit rund 3500 Stellen nur etwa 2000 bleiben. Die Zahl der zivilen Mitarbeiter soll von 76.000 auf 55.000 gesenkt werden.
Bundeswehr als Friedensgarant
Die Bundeswehr habe in den vergangenen Jahrzehnten einen "wesentlichen Beitrag zur Sicherung des Friedens" geleistet, sagte der Minister. Jetzt müsse sie so neu ausgerichtet werden, damit sie für die Herausforderungen von heute, aber auch für die noch nicht erkennbaren Herausforderungen von morgen gewappnet sei.
Sicherheit für Deutschland zu gewährleisten bedeute heutzutage insbesondere, die "Auswirkungen von Krisen und Konflikten möglichst auf Distanz zu halten". Dazu gehöre es, "sich aktiv an deren Vorbeugung und Eingrenzung zu beteiligen". Deutschland habe den Anspruch, ein verlässlicher Partner in Europa und der Welt zu sein.
Wachsende internationale Herausforderungen
De Maizière betonte erneut, dass über Auslandseinsätze der Bundeswehr künftig nicht nur nach nationalen Kriterien entschieden werde. Es müsse selbstverständlich sein, dass Deutschland in der UNO, der NATO oder der EU die internationale Verantwortung übernimmt, "die wir uns zutrauen, die man uns zutraut und die man von uns erwartet", sagte der Verteidigungsminister. "Das ist mehr, als es bisher in Deutschland bekannt ist oder wohl auch akzeptiert ist", fügte er hinzu. Zugleich betonte De Maizière mit Blick auf die Auslandseinsätze: "Wir bleiben dabei zurückhaltend und verantwortungsvoll in jede Richtung." Der CDU-Politiker will künftig bis zu 10.000 Soldaten für Auslandseinsätze bereitstellen. Derzeit sind es etwa 7000.
Der Minister rechnet mit Forderungen nach Bundeswehr-Einsätzen in instabilen Staaten wie Pakistan, Jemen oder Somalia. "Wie wir das beantworten, hängt dann von der Art der Anfrage und unserer Abwägung ab", sagte De Maiziere der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Bereits jetzt sei die Bundeswehr im Sudan mit UN-Beobachtern und Stabspersonal engagiert.
Bundeswehrverband mahnt zur Vorsicht

Bundeswehrverbandschef Kirsch ist skeptisch gegenüber einer möglichen Ausdehnung von Auslandseinsätzen.
(Foto: dapd)
Der Bundeswehrverband reagierte indes skeptisch auf diese Äußerungen. "Es hat mich in der Tat auch überrascht, dass ganz konkrete Länder hier angesprochen worden sind und der Bogen zu Afghanistan gespannt worden ist nach dem Motto: Wir haben die Erfahrung in Afghanistan, dann können wir auch woanders hingehen", sagte Verbandschef Ulrich Kirsch in der ARD. "Ich wäre da etwas vorsichtiger, denn das Ergebnis in Afghanistan ist ja nicht so ganz gut, wie wir alle feststellen." Vom Parlament geforderte Auslandseinsätze, die nicht im nationalen Interesse lägen, müssten ausgiebig debattiert werden.
SPD trägt Verkleinerung mit
Von der SPD bekam der Bundesverteidigungsminister Unterstützung für die Bundeswehrreform signalisiert; zugleich wurden aber Nachbesserungen gefordert. Die drastische Reduzierung der Zahl der Zeit- und Berufssoldaten sei "auf Kante genäht", sagte SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold im Anschluss an die Regierungserklärung De Maizières im Bundestag. "Aber wir können da mitgehen." Arnold äußerte aber auch massive Zweifel an der Finanzierbarkeit und appellierte an den Minister, endlich konkrete Angaben zu den Kosten der Reform zu machen. "Finanzieren Sie die Bundeswehrreform seriös. Wenn dies nicht gelingt, werden die Soldaten kein Vertrauen in weitere Reformschritte haben." Der FDP hielt er vor, ihr sei "Sparen um jeden Preis wichtiger (...) als vernünftige Sicherheitspolitik".
Der SPD-Verteidigungsexperte griff zugleich De Maizières' Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) an, der die Bundeswehrreform angestoßen hat, aber wegen Plagiatsvorwürfen gegen seine Doktorarbeit am 1. März zurückgetreten ist. Es sei inzwischen deutlich geworden, wie oberflächlich unter Guttenberg mit der Reform umgegangen worden sei. De Maizière habe ein paar "gravierende Fehler" seines Vorgängers korrigiert, mit ihm sei "ein Stück weit Vernunft und Sachlichkeit in die Arbeit zurückgekehrt".
Quelle: ntv.de, dpa/AFP