Griechenland-Gespräche abgebrochen Der IWF hat die Geduld verloren
11.06.2015, 18:13 Uhr
Griechenland bleibt kaum noch Zeit.
(Foto: dpa)
Herber Rückschlag für die Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern: Der Internationale Währungsfonds hat die Gespräche in Brüssel abgebrochen - Fortschritte habe es praktisch nicht gegeben. Ein neues Treffen ist nicht angesetzt.
In der dramatischen griechischen Schuldenkrise scheint eine Einigung Athens mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) in weite Ferne gerückt. "Es gibt große Differenzen zwischen uns in den meisten Kernbereichen", sagte IWF-Sprecher Gerry Rice. Es habe keine Fortschritte gegeben, diese Differenzen zu verringern. "Daher sind wir von einer Einigung weit entfernt", fügte Rice hinzu.
Die Verhandlungen in Brüssel wurden abgebrochen. Die IWF-Unterhändler reisten ab, kurz darauf berichtete ein Insider, auch die griechische Delegation habe die Stadt verlassen. Einen Zeitplan für weitere Gespräche gibt es demnach nicht.
In ungewöhnlich scharfen Tönen kritisierte Rice den Mangel an Kompromissbereitschaft des kurz vor der Staatspleite stehenden Landes. Es habe zuletzt keinerlei Fortschritte gegeben, um Differenzen beizulegen. "Der Ball liegt nun weit im Feld der Griechen", sagte Rice. Große Hürden gebe es weiterhin bei Renten, Steuern und der Schuldenfinanzierung. "Es hat hier zuletzt keine Annäherung gegeben", sagte Rice.
Tsipras will Differenzen überbrücken
Indes hat der griechische Regierungschef Alexis Tsipras seinen Willen zu einer Einigung mit den internationalen Gläubigern bekräftigt. "Wir arbeiten daran, die Differenzen zu überbrücken, vor allem diejenigen bei Steuer- und Finanzfragen", sagte Tsipras nach einem zweistündigen Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel. Ziel müsse eine Vereinbarung sein, die eine Erholung des Landes unter Beibehaltung des sozialen Zusammenhalts und mit "tragfähigen öffentlichen Schulden" sicherstelle.
Junckers Treffen mit Tsipras sei "wichtig" und "konstruktiv" gewesen, hieß es aus Kreisen der EU-Kommission. "Präsident Juncker hat den möglichen Prozess mit den drei (Gläubiger-)Institutionen erläutert, der es noch immer ermöglichen kann, rechtzeitig zu einer für alle Seiten annehmbaren Lösung zu kommen". Beide Politiker hätten vereinbart "in den kommenden Tagen in engem Kontakt zu bleiben".
Die IWF-Chefin Christine Lagarde werde wie geplant am Treffen der Finanzminister der Eurozone am 18. Juni in Luxemburg teilnehmen, sagte IWF-Sprecher Rice. Den Stand der Gespräche auf politischer Ebene kommentierte der IWF-Sprecher nicht.
Die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der IWF verhandeln mit Griechenland über ein verbindliches Reformprogramm. Erst durch dieses kann Griechenland bislang blockierte Hilfsgelder in Höhe von 7,2 Milliarden Euro erhalten, um die drohende Pleite zu vermeiden. Seit 2010 hat das Land insgesamt bereits 240 Milliarden Euro Hilfen bekommen.
Quelle: ntv.de, bdk/DJ/AFP/dpa