Greenpeace im "ntv Frühstart" "Deutschland hindert die EU, aktiv zu sein"
22.01.2020, 10:21 UhrDeutschland sieht sich gern als Klimaschützer - die Greenpeace-Chefin sieht das ganz anders: Deutschland bremst die EU in der Klimapolitik, nach ihrer Auffassung. Auch der Kohleausstieg müsse schneller gehen, fordert sie im "ntv Frühstart" in Davos.
Die Greenpeace International-Chefin Jennifer Morgan fordert mehr deutsche Ambitionen in der Klimapolitik. "Die Welt schaut nach Deutschland, um zu sehen: Können sie den Kohleausstieg bitte früher schaffen? Können die Klimagesetze ambitionierter sein?", sagte Morgan der RTL/ntv Redaktion beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Deutschland kämpfe mit zwei Impulsen: "Warum macht man wissenschaftlich nicht mehr? Dagegen steht die Sorge um Branchen wie die Autoproduktion." So falle Deutschland hinter andere Länder zurück und hindere auch die EU daran, aktiv zu werden. "Bevor wir ein ambitioniertes Deutschland sehen, ist es schwierig eine ambitionierte EU zu sehen", sagte Morgan.
Die Pläne der neuen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, einen "Green New Deal" zu implementieren, um Europa zu einem klimaneutralen Kontinent zu machen, hätten laut Morgan "noch ambitionierter sein können". Es sei "sehr wichtig, dass es mit dem 'Green New Deal' vorangeht, damit die EU ein Beispiel sein kann. Die EU ist noch nicht aktiv genug".
Der Spagat, ambitioniert zu handeln, aber auch Unternehmen die Möglichkeit zu geben, sich umzustellen, gelinge mit klaren Forderungen, so Morgan. "Es gelingt, wenn es ein klares Gesetz gibt für eine klimaneutrale Welt, optimalerweise bis 2040 in Europa, und wenn die Unternehmen sagen, was für Gesetze sie brauchen, was für Forschung sie brauchen. Dann könnte es sehr schnell gehen." Die Unternehmen seien jedoch "noch immer in derselben Defensive wie in den letzten 20 Jahren, darum ist jetzt so wenig Zeit. Sie müssen jetzt handeln, denn die Atmosphäre wird nicht warten, die Auswirkungen finden statt in Australien, in Indonesien, weltweit. Das hört nicht auf".
Trumps Politik stammt "aus dem 19. Jahrhundert"
Vom Weltwirtschaftsforum (WEF) erwartet Morgan, dass die Akteure "die Lösung auf den Tisch legen, zum Beispiel die Banker zusammenbringen und sagen: 'Wir verstehen, dass wir für den Finanzsektor Regulierung brauchen. Er muss seinen CO2-Fußabdruck kalkulieren und eine Verpflichtung eingehen.'" Das WEF müsste laut Morgan einen Vorschlag machen, damit der Finanzsektor die Lösung diskutieren könne. "Dann könnte die Gruppe vorankommen und sagen, was sie wiederum von Regierungen erwartet." Leider habe sie solch eine proaktive Initiative noch nicht gesehen. "Es machen immer noch ziemlich viele, was sie wollen."
Die Eröffnungsrede von US-Präsident Donald Trump steckte laut Morgan voller Lügen. Die Rede habe gewirkt, "als ob er auf einem anderen Planeten lebt. Er sprach so, als ob es keinen Klimawandel, keine Ungerechtigkeit in der Welt oder den USA gibt". Trumps Fokus auf fossile Brennstoffe sei wie aus "dem 19. Jahrhundert", die Rede habe auch Lügen enthalten. "Mich hat das sehr geärgert", sagte Morgan weiter, machte jedoch einen klaren Unterschied zwischen der US-Regierung und der amerikanischen Bevölkerung.
Die Klimabewegung in den USA sei groß, sagte Morgan und brachte als Beispiel das Bundesland Kalifornien, das höhere Umweltstandards für ihre Autos einführen will. "Es gibt auch Initiativen von Bundesländern, die gegen große Ölfirmen klagen wegen der Schäden durch den Klimawandel." Sie seien nicht bereit, Trumps Politik zu akzeptieren, sagte die Greenpeace-Chefin im "RTL/ntv Frühstart". Man sehe, "dass die Menschen sich engagieren".
Quelle: ntv.de