Drei Frauen, zwölf Kinder Deutschland holt IS-Mitglieder zurück
19.12.2020, 19:58 Uhr
Ende des selbsternannten Kalifats: Gefangene Anhängerinnen des Islamischen Staates im Lager al-Hul. (Archivbild)
(Foto: picture alliance/dpa)
Bisher hat sich die Bundesregierung geweigert, inhaftierte IS-Kämpfer mit deutschem Pass aus Syrien zurückzuholen. Nun fliegt aber erstmals doch ein Flugzeug mit Gefangenen aus kurdischen Camps nach Deutschland: An Bord drei Frauen und zwölf Kinder, begleitet von Bundespolizisten.
Die Bundesregierung holt laut Berichten der "Bild"-Zeitung und des SWR an diesem Wochenende gefangene deutsche IS-Mitglieder aus Nordsyrien zurück nach Deutschland. Dabei gehe es um drei Frauen mit ihren Kindern sowie mehrere Waisenkinder, berichtete die Zeitung. Alle seien bisher in Lagern in den von kurdischen Sicherheitskräften kontrollierten Gebieten Nordsyriens interniert gewesen, wo Anhänger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) inhaftiert sind.
Für den Rücktransport habe das Auswärtige Amt ein Flugzeug gechartert. Der Flug werde von Bundespolizisten begleitet, hieß es ohne nähere Quellenangabe. Bei den drei Erwachsenen handelt es sich laut "Bild" um die 21-jährige Leonora M. aus Sangerhausen, die 24-jährige Merve A. aus Hamburg sowie um Yasmin A. aus Bonn. Nach Recherchen des SWR geht es um drei Frauen im Alter zwischen 21 und 38 Jahren sowie um zwölf Kinder. Diese seien im nordsyrischen Kamischli von Vertretern der kurdischen Selbstverwaltung an eine Delegation des Auswärtigen Amts übergeben worden. Der Sender berief sich auf kurdische Angaben. Auch der Name Leonora M. wurde demnach bestätigt.
Bisher Rückholaktionen abgelehnt
Die Bundesregierung hatte lange eine direkte Rückführung gefangener Deutscher unter Verweis auf die politische Lage in Syrien abgelehnt. Es gab allerdings Rückreisen auf dem Weg über die Türkei. Zudem verwies die "Bild" auf den Fall dreier Waisenkinder sowie eines schwerkranken Kleinkinds, die im Sommer 2019 nach Deutschland kamen und auf eine deutsche Staatsbürgerin, die durch amerikanische Vermittlung deutschen Vertretern übergeben wurde. Gegen die IS-Rückkehrerin hatten die Behörden damals wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und wegen Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht ermittelt. In den Jahren davor hatte die Bundesregierung lediglich bei der Ausreise von Kindern aus syrischen Gefangenenlagern geholfen.
Die aktuelle Rückführung war den Berichten zufolge schon lange geplant gewesen, habe sich aber wegen der Corona-Pandemie und Verhandlungen mit der kurdischen Seite verzögert. Laut "Bild" befinden sich noch knapp 70 erwachsene Deutsche in kurdischer Gefangenschaft, dazu 150 Kinder deutscher Eltern. Knapp zwei Dutzend Deutsche seien seit dem vergangenen Jahr aus der Gefangenschaft in Nordsyrien geflohen, zehn von ihnen seien nach Deutschland zurückgekehrt.
Quelle: ntv.de, mau/AFP