Trumps Pläne bringen nichts Die Mauer, die niemand fürchtet
03.05.2017, 19:42 Uhr
Der Grenzbereich in Tijuana.
(Foto: REUTERS)
Mit einer "großen, schönen, mächtigen Mauer" will Donald Trump Drogen- und Menschenschmugglern aus Mexiko Einhalt gebieten. Doch die Erfahrung zeigt: Eine Mauer wird die Probleme nicht lösen. Dafür sind die Kartelle zu kreativ.
Wer einmal in Tijuana an der mexikanischen Pazifikküste war, wird schwer nachvollziehen können, warum US-Präsident Donald Trump zum Schutz vor Drogen und illegalen Einwanderern unbedingt eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen will. Dort trennt am Strand ein riesiger Stahlzaun die USA von ihrem südlichen Nachbarn; weiter landeinwärts weichen die Stehlen auf mexikanischer Seite einem Stacheldrahtzaun, dem auf US-Seite eine etwa drei Meter hohe, blickdichte Mauer gegenübersteht. Hinter der Mauer patrouilliert der amerikanische Grenzschutz. Die Freifläche zwischen Zaun und Mauer wird mit Kameras und Bewegungsmeldern überwacht.
Ähnlich gut gesichert sind auch andere mexikanische Grenzstädte wie Mexicali etwas weiter landeinwärts oder Ciudad Juárez, die Millionenstadt am Rio Bravo del Norte gegenüber ihres texanischen Nachbarn El Paso.

Anwohner und Urlauber schauen am Strand von Tijuana durch den Grenzzaun auf San Diego.
(Foto: REUTERS)
Auch außerhalb der Städte sichern Zäune etwa ein Drittel der 3200 Kilometer langen Grenze. Dort, wo diese nur noch unter großem Aufwand errichtet werden können, hat Mutter Natur die Aufgabe übernommen. Abwechselnd machen Wüsten, Berge und Canyons die illegale Reise in den wohlhabenden Norden zur Qual. Wer der sengenden Hitze trotzt und den Grenzübertritt wagt, muss damit rechnen, aus der Luft von Drohnen beobachtet und auf der Erde von Grenzbeamten festgenommen zu werden.
Doch trotz all dieser Hindernisse schaffen es die mexikanischen Kartelle, jeden Monat tonnenweise Drogen in die USA zu schmuggeln. Auch für illegale Einwanderer ist der Grenzübertritt zwar riskant, aber nicht unmöglich.
Unüberwindbar und robust
In gewisser Weise ist es also verständlich, warum Trump meint, der Status quo sei zum Schutz der USA nicht ausreichend. So soll sich seine Mauer tatsächlich lückenlos von der Pazifikküste im Westen bis zum Golf von Mexiko im Osten erstrecken. Weiterhin sehen die Pläne des US-Heimatschutzministeriums vor, dass die Mauer zwischen 5,40 bis 9,10 Meter hoch, für Menschen unüberwindbar und zumindest teilweise aus Zement gebaut sein soll. Und wenn sie dann irgendwann einmal fertig ist, soll sie auch noch so robust sein, dass es mindestens eine Stunde dauern würde, mit schwerem Gerät ein Loch hinein zu bohren. Unterirdischen Tunneln soll durch ein tiefes Fundament vorgebeugt werden.
Diese Vision verärgert viele Menschen in Mexiko. Allerdings glaubt hier niemand ernsthaft, dass sich Drogen- und Menschenschmuggel mit der Mauer verhindern lassen.
Tunnel mit Starbucks
Der Hauptgrund dafür sind die Tunnel. Selbst wenn die Mauer ein tiefes Fundament erhalten sollte, hindert nichts die Kartelle daran, einfach noch tiefer zu graben. Über die nötige Expertise verfügen sie allemal: Seit 2006 hat das US-Heimatschutzministerium 148 Tunnel entdeckt, die meisten in Kalifornien und Arizona . Einige davon waren beleuchtet und ausgestattet mit Lüftungsanlagen sowie Gleisen. Scherzhaft behaupten viele Mexikaner, in manchen Tunneln gebe es sogar Starbucks und McDonald's.
Doch selbst wenn Tunnel künftig keine Option mehr sein sollten, ist den Kartellen für ihre Drogenschäfte keine Methode zu abstrus. So hat der US-Grenzschutz im Februar bei der Kleinstadt Douglas in Arizona nicht zum ersten Mal ein Katapult beschlagnahmt, mit dem Kokain und Marihuana einfach über den dortigen Zaun geschleudert wurden. Auch mit Drohnen werden kleine Drogenpakete immer wieder von Mexiko in die USA geflogen.
Keinen Nutzen hätte die Mauer auch zu Wasser. Regelmäßig werden Menschen nachts von mexikanischen Pazifikküste aus per Boot oder Jetski auf das offene Meer gefahren und in der Nähe der US-Küste an einem unbeobachteten Ort abgesetzt.
Drogen-Torpedos und gefälschte Lebensmittel
Drogen werden ebenfalls auf dem Wasserweg geschmuggelt: Neben selbstgebauten U-Booten nutzen vor allem die kolumbianischen Kartelle dafür immer häufiger auch sogenannte Drogen-Torpedos. Diese werden mit einem Seil oder einem Kabel an einem Boot befestigt und sind von der Wasseroberfläche aus praktisch nicht zu erkennen. Gerät das Boot in eine Kontrolle der Küstenwache, wird das Seil gekappt und der "Torpedo" sinkt auf den Meeresgrund. Später sammelt ein anderes Boot ihn wieder ein und bringt ihn an seinen Bestimmungsort.
Und selbst wenn Tunnel, Katapulte und Torpedos nichts mehr nützen, können die Kartelle immer noch auf die einfachste wie effektivste Methode zurückgreifen: die Grenzübergänge. Auf diesem Wege werden nach wie vor die meisten Drogen in die USA geschmuggelt, versteckt in Eiscreme, gefrorenem Fisch, Plastik-Karotten und anderen "Lebensmitteln", die täglich die Grenze passieren.
Natürlich ließe sich dieses Problem unter Umständen mit mehr Personal und peniblen Kontrollen an den Grenzübergängen beheben, doch auch dafür gibt es keine Garantie. Nicht nur in Mexiko, sondern auch in den USA stoßen die Kartelle schließlich immer wieder auf bestechliche Polizei- und Grenzschutzbeamte. Mitarbeiter des US-Heimatsschutzministeriums haben in den letzten zehn Jahren Schmiergeld in Höhe von mehr als 15 Millionen US-Dollar angenommen.
Auch wenn Donald Trump das nicht gefallen wird: Korruption ist kein exklusiv mexikanisches Problem. Und so schön und groß seine Mauer auch wird – sie wird die Kartelle nicht davon abhalten, ihrem Milliardengeschäft nachzugehen.
Quelle: ntv.de