Habeck bei Miosga "Die Stimmung in Deutschland ist Moll"
05.02.2024, 06:40 Uhr Artikel anhören
Nach der Verwirrung um seinen Vorschlag für ein neues Sondervermögen beschwichtigt Habeck.
(Foto: ARD/Thomas Ernst)
Caren Miosga hat den nächsten Politpromi zu Gast: Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen. Der Politiker versucht sich vor allem im Zurückrudern.
Die Ampelkoalition hat ein Riesenproblem: Sie ist unbeliebt. "Die Stimmung in Deutschland ist Moll", sagt Robert Habeck. Der Wirtschaftsminister und Vizekanzler ist Gast in der ARD-Talkshow "Caren Miosga". "Vielleicht kann ich ein bisschen Dur reinbringen", hofft er. An diesem Vorhaben dürfte er scheitern, obwohl er sich wirklich Mühe gibt.
Eines muss man ihm lassen: Habeck weiß, dass er Fehler gemacht hat. Und das gibt er unumwunden zu, als ihn die Moderatorin der Sendung fragt: "Gibt es Verfehlungen, an denen Sie sich die Schuld geben?" "Ja", sagt er, und das habe er auch häufig genug gesagt. "Das Heizungsgesetz hat sicherlich einen Beitrag geleistet. Und das ist meine Verantwortung in letzter Konsequenz, dass ich nicht rechtzeitig erkannt habe, dass auch im Jahreswechsel 22-23 etwas in Deutschland passiert ist." Er trage Verantwortung nicht nur für seinen Bereich, sondern auch für die Regierung, der er angehöre.
Habeck und sein Sondervermögen
Am vergangenen Donnerstag hatte der Minister mit einer Bundestagsrede für Verwirrung gesorgt. Er forderte ein milliardenschweres Sondervermögen zur Entlastung von Unternehmen. Habeck schlug die Möglichkeit vor, Steuergutschriften und steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten zu schaffen. Dazu bot der Minister der Union Gespräche an. Deren Fraktionschef Friedrich Merz hatte allerdings bereits am Mittwoch an gleicher Stelle angekündigt, nicht mehr mit der Bundesregierung zusammenarbeiten zu wollen.
Die ökonomische Lage in Deutschland sei zu eng, und Deutschland müsse mehr investieren, sagt Habeck. Klar sei, "dass wir mehr tun müssen, und dass wir stärkere Anreize neben all dem anderen schaffen müssen, auch finanzielle Anreize". Habecks Ziel: Steuern für die Unternehmen senken, damit wieder mehr investiert werde. Genau das soll aber schon das Wachstumschancengesetz bringen, über das Bundestag und Bundesrat im Moment beraten. Es hat ein Gesamtvolumen von acht Milliarden Euro. Habeck fürchtet, dass dieses Volumen am Ende auf drei Milliarden Euro oder weniger sinken werde. Darum der Sonderfonds.
"Der Gedanke war erst mal nicht, den Streit zu provozieren", fügt Habeck hinzu. Doch den gab es nach Habecks Vorschlag. Die Idee sei in jeder Hinsicht überraschend und mit ihm nicht abgesprochen gewesen, sagte Finanzminister Christian Lindner der "Welt am Sonntag". Er sei nicht bereit, Hunderte Milliarden Euro Schulden zu machen, um Subventionen auf Pump zu zahlen.
30 Milliarden Euro Schattenhaushalt?
Miosga fragt in ihrer Sendung den Wirtschaftsminister nach der erwarteten Höhe des Schattenhaushalts. Der möchte sich dazu nicht äußern, deutet aber an, dass es sich vielleicht um etwa 30 Milliarden Euro handeln könnte. "Wenn wir es jetzt schon nicht schaffen, für acht Milliarden das Geld zusammenzukratzen, und da kommen wahrscheinlich drei bei raus - das ist das, was man hört -, wir bräuchten aber 30, also mal zehn, dann haben wir ein zehnmal so großes Problem. Und darüber können wir ja nicht hinwegsehen. (…) Dann habe ich das Wort Sondervermögen in den Mund genommen." Aber eigentlich habe er nur der Union ein Gesprächsangebot machen wollen.
"Im Moment sehe ich, dass die gewählten Politiker vor allem betonen, was alles nicht geht, und warum man bestimmte Sachen nicht machen kann, und warum man sich nichts gönnt, und warum man das Gespräch gar nicht führen muss", fügt Habeck hinzu. Es könne nicht sein, dass demokratische Parteien nicht mehr miteinander reden. "Ich will nicht glauben, dass es nicht möglich ist, bei der gleichen Problemdiagnose miteinander zu reden."
Die Union macht bisher das, was Merz am Mittwoch angekündigt hat: Sie schweigt. Aber wenigstens der Finanzminister zeigt laut "Welt am Sonntag" Gesprächsbereitschaft.
Wohl erst einmal kein Klimageld
Was dem Minister Mut macht: Die Demonstrationen gegen Rechtsradikalismus in den vergangenen Wochen, bei denen Menschen trotz gegenseitiger politischer Differenzen das Grundgesetz schützen wollen. Den Aufstieg der AfD analysiert Habeck so: "Erst einmal ist auf das Land, auf Deutschland und Europa ja von außen etwas zugekommen." Er meint damit den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Dadurch seien die Energiepreise in die Höhe geschossen, die Inflation sei gestiegen. "Der deutsche Wohlstand ist geschmälert worden." Wenn Wohlstand schwinde, und dann auch noch unterschiedlich verteilt, "kann das nicht zur Fröhlichkeit im Land beitragen". Außerdem seien rechte Tendenzen auch in anderen Ländern spürbar, sagt Habeck. Er nehme das Problem sehr ernst.
Mancher in der Bevölkerung nimmt ein anderes Problem sehr ernst: die Diskussion um das Klimageld. Es sehe nicht so aus, dass es in dieser Legislaturperiode noch komme, er wisse es aber nicht, sagt Habeck am Ende der Sendung. Erst einmal hänge die Einführung von dem ab, was technisch möglich sei. Laut einer Meldung, die er gelesen habe, hapere es am Auszahlungsmechanismus.
Zudem hätten die Ampelparteien in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, das Klimageld komme erst, wenn der CO2-Preis über dem Wert läge, den bereits die Große Koalition beschlossen habe. Und das sei nicht der Fall. "Ich finde es richtig, dieses Klimageld perspektivisch einzuführen", sagt Habeck. Und fügt hinzu: "In der nächsten Legislaturperiode. Und wenn es in dieser geht, ist es auch gut."
Quelle: ntv.de