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Eklat um Milei weitet sich aus Kanzleramt sagt militärische Ehren für Argentiniens Präsidenten ab

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Der selbsterklärte Staatszerstörer Javier Milei.

Der selbsterklärte Staatszerstörer Javier Milei.

(Foto: REUTERS)

Argentiniens Präsident Milei beschimpft Spaniens Ministerpräsidenten Sánchez seit fast zwei Monaten. Der Sozialist sei ein "Feigling" und seine Frau "korrupt". In Berlin trifft der neue Star der internationalen Rechten nun Bundeskanzler Scholz - für ein "kurzes Arbeitstreffen".

Javier Milei, das neue Enfant terrible der internationalen Politik und Star der internationalen Rechten, kommt nach Deutschland. Argentiniens Präsident ist das Wochenende über zu Besuch. Am Samstag nimmt er einen Preis in Hamburg entgegen, für Sonntag war in Berlin das volle Programm für einen Staatsbesucher geplant: Empfang mit militärischen Ehren, ein persönliches Gespräch mit Bundeskanzler Scholz, danach eine Pressekonferenz mit den beiden. Doch nun eine halbe Rolle rückwärts: Die Fragerunde ist abgesagt und Milei wird auch nicht wie andere ausländische Staatsoberhäupter empfangen. Der Ton: frostig. Was ist geschehen?

Auf Nachfrage von Journalisten sagte die Bundesregierung schlicht, die Pressekonferenz sei nicht auf Betreiben des Kanzleramtes abgesagt worden. Die Änderungen gebe es wegen Terminproblemen. Es werde deshalb am Sonntag nur ein "kurzes Arbeitstreffen" der Regierungschefs und Delegationen im Kanzleramt geben. Milei ist dafür bekannt, dass er solche Pressekonferenzen nicht mag und sich ungern kritischen Fragen aussetzt. Der wegen seiner radikalen libertären Positionen und krawalligen Aussagen umstrittene argentinische Staatschef ist zudem erpicht auf Kontrolle der Rahmenumstände.

Dies würde die weggefallene Pressekonferenz erklären und das inhaltlich orientierte Treffen dürfte ohnehin wichtiger sein als ein protokollarischer Empfang. Warum es jedoch keine militärischen Ehren für den Gast geben wird, ist nicht klar. Steckt vielleicht mehr dahinter? So zumindest interpretieren es einige spanische und argentinische Medien: Demnach wirkt sich ein diplomatischer Eklat zwischen der sozialdemokratischen Regierung Spaniens und Milei nun auch auf die deutsch-argentinischen Beziehungen aus. Tatsächlich waren wenige Tage vor der Programmänderung kritische Töne von der Bundesregierung in Richtung des argentinischen Präsidenten zu vernehmen.

Milei ist der neue Star der globalen Rechten, Anhänger einer radikalen Laissez-faire-Wirtschaftspolitik, will Argentiniens Staat eigener Aussage zufolge von innen heraus zerstören und meint, man müsse Hungernde sich selbst überlassen, da die Gesellschaft schon eine Lösung finden werde. Er und Scholz kommen also aus unterschiedlichen politischen Welten, der Bundeskanzler steht Sánchez inhaltlich wesentlich näher. Die Beziehungen zwischen Scholz und Milei werden deshalb und insbesondere im Hinblick auf neue Handelsbeziehungen, wie das EU-Mercosur-Handelsabkommen und andere Kooperationen genau beobachtet.

Diplomatische Krise zwischen Buenos Aires und Madrid

Bereits im Mai war Milei nach Spanien gereist, einer der wichtigsten wirtschaftlichen Partner Argentiniens. Ihm wurde die Landung auf einem Militärflughafen gestattet und er erhielt 48 Stunden lang Polizeischutz. So als sei es ein Staatsbesuch. Doch statt der üblichen Treffen mit dem Regierungschef, aktuell der sozialdemokratische Pedro Sánchez, sowie im Königshaus, trat der Argentinier bei einer Wahlkampfveranstaltung der rechten Vox-Partei auf.

Dort polterte der Libertäre über die Gefahren des Sozialismus, welche "die Eliten" und diejenigen, "die an der Macht kleben", ignorierten. Sanchez' Frau beschimpfte er als "korrupt". Die Anwesenden riss es unter tosendem Applaus von ihren Sitzen, darunter auch Frankreichs Marine Le Pen. Die spanische Regierung reagierte empört und erklärte, ihr Botschafter werde auf unbestimmte Zeit nicht nach Buenos Aires zurückkehren. Im argentinischen Fernsehen erklärte Milei, dies sei "typische Dummheit eines Sozialisten".

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Schon vor Mileis Besuch hatten die Spannungen begonnen. Spaniens Verkehrsminister vermutete öffentlich, Milei habe während seines Wahlkampfes in Argentinien Drogen konsumiert, dieser warf Sánchez im Gegenzug vor, er bringe "Tod und Armut" und gefährde spanische Frauen, weil er "illegale Einwanderung zulässt". Und ohnehin, der spanische Regierungschef habe seine politischen Gegner unterstützt und ihm dann nicht zu seinem Wahlsieg gratuliert. In der diplomatischen Krise zwischen den beiden Ländern fliegen seither Giftpfeile über den Atlantik. Sánchez sei ein "Feigling", schimpfte Milei zuletzt.

Am Montag dann, weniger als eine Woche vor Mileis Besuch in Deutschland, kam der Disput in Berlin an. Ob Scholz plane, mit Argentiniens Präsidenten über die Beleidigungen zu sprechen, fragte eine Journalistin. Der Bundeskanzler werde ihm "sicher das Nötige dazu sagen", antwortete Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Es sei "so eindeutig und so geschmacklos gewesen", dass man nichts weiter dazu sagen müsse; Mileis Worte stünden für sich. Hebestreits Worte wiederum verbreiteten sich wie ein mediales Lauffeuer in spanischsprachigen Medien. Und wenige Tage später informierte die Bundesregierung über das geschrumpfte Programm des Besuchs.

Quelle: ntv.de

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