Zum Auftakt zwei AbschüsseDobrindt rückt "dem gordischen Knoten" mit Drohnen zu Leibe
Von Hubertus Volmer, Blumberg bei Berlin
Wenige Wochen nach den Drohnensichtungen an Flughäfen und anderswo gibt Bundesinnenminister Dobrindt den Startschuss für eine neue Drohnenabwehreinheit der Bundespolizei. Zur Feier des Tages schießen die Beamten zwei "unkooperative Drohnen" ab.
Es sieht ein bisschen aus wie in den Film "Ghostbusters", wenn die Drohnenabwehreinheit der Bundespolizei zeigt, wie sie feindliche Flugobjekte vom Himmel holt - "unkooperative Drohnen", heißt es im Polizeijargon. Ein Beamter schränkt die Bewegungsfähigkeit der Drohne mit einem Jammer, einem Störsender, ein. Mehrere hundert Meter weit reicht das Gerät. Ein weiterer Polizist holt die Drohne mit einem Netzwerfergewehr vom Himmel. Der Minister guckt zufrieden.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt ist nach Blumberg am östlichen Rand von Berlin gekommen. Hier ist die Fliegerstaffel der Bundespolizei stationiert. In einem Hangar stellt der Minister die neue Einheit "in Dienst": Offiziell ist dies ihr erster Arbeitstag. Allerdings haben die Beamten jahrelange Berufserfahrung, auch in der Drohnenabwehr. Neu ist, dass sie jetzt als Einheit operieren.
Dobrindt lobt, wie schnell die Einheit ins Leben gerufen wurde. Erst vor wenigen Wochen, nach den zahlreichen Drohnensichtungen an deutschen Flughäfen, habe er entschieden, dass es eine solche Einheit geben solle. Ihre Aufgabe sei das "Aufklären, Abfangen und ja, auch Abschießen, wenn es notwendig ist", so der CSU-Politiker. Es gehe darum, Spionage und Sabotage "unserer Gegner" zu verhindern. Wer gemeint ist, ist klar: vor allem Russland.
850 verdächtige Drohnensichtungen allein in diesem Jahr
Seit Jahresbeginn zählte das Bundeskriminalamt in Deutschland 850 verdächtige Drohnensichtungen, 122 davon an Flughäfen. Häufig sei das Ziel solcher Aktionen, die Bevölkerung zu verunsichern und Angst zu verbreiten, sagt der Bundesinnenminister. "Eine echte Bedrohungslage" habe beispielsweise bei den zahlreichen Drohnensichtungen in Schleswig-Holstein vor einigen Wochen nicht bestanden.
Das soll nicht heißen, dass die Vorfälle harmlos waren. Denn an den Vorfällen in Schleswig-Holstein seien drei unterschiedliche Drohnen-Typen beteiligt gewesen, zählt Dobrindt auf: solche, die man in jedem Baumarkt bekommt, aber auch Profi-Drohnen mit einer Spannweite von bis zu acht Metern. Und schließlich Drohnenschwärme mit einer sogenannten Mutterdrohne im Zentrum. All diese Drohnen hätten Signalleuchten gehabt - Dobrindt geht daher davon aus, dass sie als Provokation gemeint waren. "Da wollte jemand seine Fähigkeiten zeigen", sagt Dobrindt, keine "echte Aktion ausführen".
Nicht Alexander der Große
Auch solche Provokationen sind Teil einer hybriden Kriegführung, auch um sie soll die Drohnenabwehreinheit der Bundespolizei sich kümmern. Zusätzlich will die Konferenz der Landesinnenminister bei ihrer an diesem Mittwoch beginnenden Tagung ein gemeinsames Drohnenabwehrzentrum von Bund und Ländern beschließen. Hier sollen Bundespolizei, Landespolizeien und auch die Bundeswehr vernetzt werden.
Bundespolizeipräsident Dieter Romann spricht von einem "filigran entwickelten" Netzwerk an Zuständigkeiten - er meint das unübersichtliche Kompetenzwirrwarr von insgesamt 42 Luftsicherheitsbehörden in Bund und Ländern. Die neue Drohnenabwehreinheit und auch das neue Abwehrzentrum sollen hier Abhilfe schaffen, "natürlich ohne das filigrane Netz zu tangieren", wie Romann mit leichter Ironie hinzufügt. Dobrindt rücke "dem gordischen Knoten zu Leibe", lobt der oberste Bundespolizist; normalerweise sind gordische Knoten dazu da, zerschlagen zu werden - so machte es bekanntlich Alexander der Große, seither ist dieser Knoten sprichwörtlich. Aber Dobrindt heißt zwar wie der makedonische Herrscher. Ein antiker Held ist er jedoch nicht. Und selbst der könnte das "filigrane Netz" des Föderalismus nicht auflösen.
Neue Technik im Acht-Wochen-Rhythmus
Eine Forschungs- und Entwicklungseinheit zur Drohnenabwehr will Dobrindt ebenfalls aufbauen, denn die Entwicklung von Drohnen unterliege einem Acht-Wochen-Rhythmus, weiß der Minister aus Gesprächen mit Partnern in Israel und in der Ukraine - zwei Länder, die viel Erfahrung mit Drohnen haben. Vor allem aus Israel soll die Einheit auch mit der jeweils neuesten Technik beliefert werden. Er sei "froh und dankbar, dass wir Unterstützung aus Israel bekommen", betont Dobrindt.
Neben dem Abschuss einer Drohne vom Boden aus demonstriert die neue Einheit, wie Drohnen mit Drohnen bekämpft werden können, genauer: mit einer Abfangdrohne. Diese fliegt von allein, gesteuert von Künstlicher Intelligenz, in die beste Position und fängt die "unkooperative Drohne" mit einem Netz. Auch diese Inszenierung gelingt: Die Drohne landet sicher auf der Erde.
Um flexibel einsatzfähig zu sein, soll die Drohnenabwehreinheit dezentral stationiert werden, vor allem an den großen deutschen Flughäfen. Im Moment besteht die Einheit aus einer "hohen zweistelligen Zahl an Beamtinnen und Beamten", wie es aus dem Bundesinnenministerium heißt. Dobrindt kündigte an, die Einheit solle vorläufig auf 130 Dienstposten aufwachsen, perspektivisch aber noch stärker wachsen.