Erdogan und Guterres in Lwiw Dreiergipfel für Frieden - Russland nicht dabei
18.08.2022, 21:01 Uhr
Schwer über Frieden zu reden, wenn der Angreifer nicht dabei ist: Erdogan, Selenskyj und Guterres treffen in Lwiw zusammen.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Im ukrainischen Lwiw loten UN-Generalsekretär Guterres und der türkische Präsident Erdogan die Möglichkeiten für weitere Diplomatie zwischen Kiew und Moskau aus. Präsident Selenskyj stellt allerdings klar, dass nur der russische Abzug den Frieden bringen wird.
Knapp ein halbes Jahr nach dem Überfall Russlands auf das Nachbarland Ukraine verstärken sich die internationalen diplomatischen Bemühungen um ein Ende des Krieges. Der Verhandlungserfolg durch das Getreide-Abkommen im Juli sei "nur der Anfang" einer positiven Dynamik, sagte UN-Generalsekretär António Guterres nach einem Treffen mit den Präsidenten der Ukraine und der Türkei, Wolodymyr Selenskyj und Recep Tayyip Erdogan, im ukrainischen Lwiw.
Erdogan bekräftigte seine Hoffnung auf eine diplomatische Lösung. "Ich glaube weiter daran, dass der Krieg irgendwann am Verhandlungstisch enden wird." Das sähen auch Selenskyj und Guterres so, sagte Erdogan laut dem türkischen Präsidialpalast. Der Krieg habe unzählige Tote, massive Zerstörungen und Vertreibungen sowie dramatische Menschenrechtsverletzungen gebracht, sagte Guterres nach Angaben der Vereinten Nationen. "Die Menschen brauchen Frieden", mahnte er.
Das Treffen in Lwiw im Westen des Landes war für die Vereinten Nationen und die Türkei eine Möglichkeit, den Einstieg in eine Verhandlungslösung mit der Ukraine auszuloten. Selenskyj stellte aber nach ukrainischen Medienberichten klar, Gespräche seien erst möglich nach einem Abzug der russischen Truppen aus den widerrechtlich besetzten Gebieten. Außenminister Dmytro Kuleba sagte, niemand habe die Ukraine in Lwiw zu Zugeständnissen an Russland gedrängt. Die russische Seite war bei dem Gipfeltreffen nicht vertreten.
Sorge um AKW Saporischschja
In den Gesprächen wurde auch die Lage in dem von russischen Truppen besetzten AKW Saporischschja erörtert. Seit Wochen kommt es dort zu Beschuss - Russland und die Ukraine schieben sich dafür gegenseitig die Verantwortung zu. Guterres forderte nach dem Dreier-Gipfel erneut den Rückzug aller Truppen rund um das größte Kernkraftwerk Europas. "Das Gebiet muss entmilitarisiert werden." Jede mögliche Beschädigung des AKW sei "Selbstmord". Auch Erdogan warnte vor einer Nuklearkatastrophe: "Wir wollen kein neues Tschernobyl erleben."
Russland hatte schon vor Guterres' Rede Forderungen nach einer Entmilitarisierung als "inakzeptabel" bezeichnet. Die Anlage würde dadurch noch anfälliger für Angriffe, sagte ein Sprecher des russischen Außenministeriums in Moskau. Der ukrainischen Führung warfen die russischen Besatzer vor, für Freitag einen Anschlag auf das AKW zu planen. Kiew warnte seinerseits vor einem möglichen russischen Sabotageakt.
Eine internationale Mission soll einen Angriff auf das Gefangenenlager Oleniwka bei Donezk aufklären, wie Guterres ankündigte. Bei dem Angriff Ende Juli wurden etwa 50 ukrainische Kriegsgefangene getötet. Kiew machte Russland für den Massenmord verantwortlich, auch Recherchen ausländischer Experten und Medien kamen zu diesem Schluss. Moskau warf dagegen ukrainischen Truppen vor, das Gefangenenlager beschossen zu haben.
Quelle: ntv.de, mau/dpa