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Sorge vor russischer Aggression EU will Drohnenabwehr bis Ende 2026 starten

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Die Kiewer Luftabwehr fängt eine Shahed-Drohne ab. Die EU zeigt sich bislang wenig erfolgreich bei der Abwehr russischer Drohnen.

Die Kiewer Luftabwehr fängt eine Shahed-Drohne ab. Die EU zeigt sich bislang wenig erfolgreich bei der Abwehr russischer Drohnen.

(Foto: dpa)

Tag für Tag sorgen russische Drohnen in der Ukraine für Tod und Zerstörung. Doch längst werden sie nicht mehr nur dort gesichtet, inzwischen verletzen sie immer öfter auch den Luftraum von EU-Staaten. Bislang sind die Reaktionen hilflos. Doch nun macht Brüssel Tempo.

Die EU-Staaten sollen nach dem Willen der Europäischen Kommission bis Ende des kommenden Jahres erhebliche Fortschritte bei der Drohnenabwehr erzielen. Die Aufrüstungspläne der Brüsseler Behörde sehen vor, dass die Staats- und Regierungschefs noch in diesem Jahr eine entsprechende Initiative billigen, die vor allem vor russischen Drohnen schützen soll. Danach könnte die gemeinsame Beschaffung von Überwachungssystemen und Abwehrtechnik beginnen. Erste Teile des Systems sollen dann bereits bis Ende 2026 einsatzfähig sein, das gesamte bis Ende 2027.

"Die jüngsten wiederholten Verletzungen des Luftraums von EU-Mitgliedstaaten haben die Dringlichkeit verdeutlicht, eine flexible, reaktionsschnelle und moderne europäische Fähigkeit zur Abwehr unbemannter Luftfahrzeuge zu schaffen", heißt es in dem Fahrplan, der an diesem Donnerstag von der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas und EU-Verteidigungsindustriekommissar Andrius Kubilius vorgestellt werden soll.

Ziel ist demnach, ein mehrschichtiges Hightech-System mit Fähigkeiten zur Erkennung, Verfolgung und Neutralisierung feindlicher Drohnen aufzubauen, das auch in der Lage ist, mittels eigener Drohnentechnik präzise Schläge gegen Bodenziele auszuführen. Wichtig ist den Planern darüber hinaus, dass es in enger Zusammenarbeit mit der Nato und geografisch offen entwickelt wird.

Zur Begründung für diesen 360-Grad-Ansatz in alle Himmelsrichtungen heißt es, die östlichen EU-Mitgliedstaaten an der Grenze zu Russland und Belarus seien zwar der größten unmittelbaren Bedrohung ausgesetzt. Die jüngsten Zwischenfälle hätten allerdings gezeigt, dass jedes Land betroffen sein könne. So war wegen der Sichtung unbemannter Flugkörper in den vergangenen Wochen unter anderem in Dänemark und Deutschland wiederholt Alarm an zivilen und militärischen Flughäfen ausgelöst worden. Zeitweise musste deswegen sogar der Flugverkehr eingestellt werden.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Drohnen nicht zwingend direkt aus Russland kommen müssen, soll künftig auch nicht mehr von einem geplanten "Drohnenwall" gesprochen werden, sondern neutral von der "European Drone Defence Initiative".

Deutschland will Führung bei Luftverteidigungsprojekt

Neben der Drohnenabwehr-Initiative sollen an diesem Donnerstag noch mehrere andere Aufrüstungsprojekte präsentiert werden. Dazu gehören die sogenannte "Eastern Flank Watch" zur Verbesserung der Verteidigungsfähigkeiten der östlichen EU-Mitgliedstaaten, das "European Air Shield" zur Stärkung der EU-Luftverteidigung und das "European Defence Space Shield", um den Schutz europäischer Satelliten sicherzustellen.

Deutschland will nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius die Führung beim geplanten "European Air Shield" übernehmen. Dabei soll es darum gehen, EU-Programme zu nutzen, um ein über Ländergrenzen hinweg vernetztes, mehrstufiges Flugabwehrsystem einschließlich der erforderlichen Sensorik aufzubauen. Es soll gegen das gesamte Spektrum von Bedrohungen aus der Luft schützen und nahtlos mit dem Führungs- und Kontrollsystem der Nato zusammenarbeiten können.

Zudem kündigte Pistorius an, dass Deutschland in den nächsten Jahren zehn Milliarden Euro in Drohnen investieren werde. Es gehe um alle Arten von unbemannten Luftfahrzeugen, also auch um Angriffsdrohnen, erklärte der SPD-Politiker. Offen ließ er zunächst, ob die Bundesrepublik die Vorstellungen der EU-Kommission für Beschaffungsquoten unterstützt. So will die Behörde vorschlagen, dass bis Ende 2027 mindestens 40 Prozent der Verteidigungsgüterbeschaffung gemeinschaftlich organisiert wird.

EU einig über massive Aufrüstung

Eine Rahmenvereinbarung für eine massive Aufrüstung hatten die EU-Staaten bereits im März erzielt. Bei einem Gipfeltreffen entschieden die Staats- und Regierungschefs, alles daranzusetzen, um Europas Verteidigungsbereitschaft in den nächsten fünf Jahren entscheidend zu stärken. Dies soll Russland davor abschrecken, nach der Ukraine möglicherweise auch noch einen EU-Staat anzugreifen. Geheimdienste gehen davon aus, dass Russland spätestens 2030 militärisch in der Lage sein dürfte, einen weiteren Krieg zu beginnen.

Die EU-Außenbeauftragte Kallas sagte am Mittwochabend bei einem EU-Verteidigungsministertreffen, der neue Fahrplan werde mit seinen konkreten Zielen und klaren Vorgaben dabei helfen, bis 2030 verteidigungsbereit zu sein. Es ist auch vorgesehen, einen jährlichen Bericht zur Verteidigungsbereitschaft ("Annual Defence Readiness Report") einzuführen, der Fortschritte überwacht.

Quelle: ntv.de, Ansgar Haase, dpa

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