Baerbock geht auf Tour Ein Abstecher zu weit entfernten Freunden


Bundesaußenministerin Annalena Baerbock reist nach Down Under. Dort hat sie viel vor.
(Foto: Michael Kappeler/dpa)
Eine Woche unterwegs, davon 50 Stunden in der Luft: Der Ausflug von Bundesaußenministerin Baerbock von Sonntag an nach Australien, Neuseeland und Fidschi wird keine gemütliche Stippvisite. Die Themen: Sicherheit im Indopazifik, Klimawandel, Migration. Die schönste Nebensache der Welt wird leider nicht ganz so schön wie geplant.
"Was für ein Drama", hatte die Ministerin höchstselbst getwittert, "manchmal steckt einfach der Wurm drin". Soeben war das deutsche Nationalteam der Frauen bei der Weltmeisterschaft gegen Südkorea ausgeschieden. Damit stand fest: Das zweite Halbfinalspiel in Sydney, zu dem sich die deutsche Delegation angekündigt hat, findet auf dem Rasen ohne deutsche Beteiligung statt. Fußballfan Baerbock will das WM-Spiel dennoch live im Stadion verfolgen. "Wir gucken trotzdem", heißt es lapidar im Auswärtigen Amt.
Diese 90 Minuten dürften zu den entspanntesten zählen auf dieser Reise. Was harmlos als Antrittsbesuch deklariert ist, gilt in globalisierten Zeiten als hochpolitisch. "Das ist keine Charity-Tour", sagt Mareike Ohlberg, Senior Fellow beim German Marshall Fund of the United States.
Die Beziehungen zwischen Australien und China gelten als äußerst angespannt. Australien ist wirtschaftlich abhängig von China, gleichzeitig wird die expansive Politik dieser neuen Supermacht mit Argwohn verfolgt. "Deutschland hat ein Interesse daran, dass die Lage im Indopazifik friedlich bleibt", so Ohlberg. "Wir haben wirtschaftliche Interessen, und das sind letztlich nationale Interessen."
Eine Auseinandersetzung, beispielsweise um die Seewege, hätte Konsequenzen auch für Europa. "Insofern macht die Reise Sinn." Deutschland sei sicherlich kein großer Player in der Region, besitze aber politisches Gewicht. Die für Mittwoch geplante außen- und sicherheitspolitische Grundsatzrede Baerbocks am renommierten Lowy Institute in Sydney dürfte auch in Peking auf Interesse stoßen.
Fidschi kämpft um physische Existenz
Der Abstecher nach Neuseeland folgt ebenfalls der Logik, dass Wertepartner in diesen Zeiten zusammenhalten müssen. Auckland und Peking sind keine besten Freunde, die Ausgangslage des Inselstaates ist vergleichbar mit der Australiens. "Wichtig ist die Kommunikation", so Ohlberg. Auf ein geschlossenes Auftreten der freiheitlichen Demokratien gegenüber China komme es an.
In Fidschi schließlich ist die Eröffnung der deutschen Botschaft, ein Eigenheim mit drei Zimmern, offizieller Anlass des ersten Besuchs eines deutschen Außenministers. Tatsächlich herrscht in dem vermeintlichen Südseeparadies schon jetzt so etwas wie Endzeitstimmung: Wegen des steigenden Meeresspiegels mussten bereits mehrere Hundert Dörfer umgesiedelt werden, das Wasser schluckt Friedhöfe und Ackerflächen, der nicht überspülte Boden versalzt. Der Staat, dessen Gebiet zu 98 Prozent aus Wasser und zu zwei Prozent aus Land besteht, kämpft um seine wirtschaftliche und physische Existenz.
Baerbock kann sich in den von der Flut bedrohten Dörfern als Nebenumweltministerin in Szene setzen und auf die drastischen Folgen des Klimawandels aufmerksam machen. Außerdem dürfte sie das Thema Migration zur Sprache bringen. Australien ist für seine restriktive Flüchtlingspolitik bekannt. Auch Klimaflüchtlinge aus Ozeanien sind nicht willkommen. Vielleicht kann die Ministerin aus Germany auf ihrer Rundreise vermitteln. Dann hätte sich der fliegerische Aufwand schon gelohnt.
Quelle: ntv.de