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Meloni "in den Kopf schießen" Ein Haufen wirrer Nazis plante einen Umsturz in Italien

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Die Beschuldigten betrachten Ministerpräsidentin Meloni als "abtrünnig" gewordene Faschistin.

Die Beschuldigten betrachten Ministerpräsidentin Meloni als "abtrünnig" gewordene Faschistin.

(Foto: picture alliance / Photoshot)

Sie nennen sich "Division Werwolf". Ihr Plan: eine faschistische Diktatur in Italien errichten. Ihre Mittel: Mord und Schrecken. Nachdem die Gruppe aufgeflogen ist, könnte man sich amüsieren über die bunt zusammengewürfelten Möchtegern-Nazis. Doch ihr zielgerichtetes, radikales Vorgehen lässt aufhorchen.

Die faschistische Revolution in Italien ist abgesagt. Genauer: die faschistischen Revolutionspläne der militanten Nazi-Gruppe "Werwolf Division". Zwölf mutmaßliche Mitglieder der Gruppe mit Sitz in Bologna wurden am Mittwoch festgenommen. Auch wenn die Unschuldsvermutung gilt, sind die von den Ermittlern präsentierten Beweise und Indizien erdrückend. Die Nazi-Zelle hat sich demnach sehr offen über ihre Bewaffnungs- und Mordpläne ausgetauscht. Die Polizei las mit.

Der "Werwolf"-Plan ist gescheitert, so wie das historische Vorbild aus dem Nationalsozialismus: Die Ende 1944 vom Reichsführer SS, Heinrich Himmler, gegründete Untergrundgruppe "Werwolf" sollte in den von den Alliierten befreiten Gebieten Deutschlands einen Guerilla-Krieg führen, kam aber über vereinzelte Aktionen nie hinaus.

Verhaftet wurden unter anderem der 37-jährige "Comandante" Daniele Trevisani und der gleichaltrige "Verleger" Andrea Ziosi. Letzterer soll für die Indoktrinierung der Gefolgsleute zuständig gewesen sein. Ebenfalls verhaftet wurde der 45-jährige Salvatore Nicotra. Er soll sich um die Kampfausbildung neuer Unterstützer gekümmert haben. Im Alltag war er Hauswart und Nachtwächter, mit einem Hang zu Himmler und Liederwettbewerben, an denen er teilnahm.

Andere mutmaßliche Mitglieder bleiben vorerst auf freiem Fuß, darunter zwei Minderjährige, ein psychisch kranker Mann, ein Rentner und ein gescheiterter Tenor. Der hatte einst Anarchistenlieder komponiert und soll sich zum glühenden Hitler-Verehrer gewandelt haben. Es ist ein kruder Haufen, den die Ermittler ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt haben - doch offenbar auch ein gefährlicher.

Alles begann in Neapel

Wie der Ermittlungsrichter erklärte, verfolgten die Verhafteten das Ziel, "die demokratische Ordnung zu stürzen und sie durch einen ethnischen und autoritären Staat, der auf dem Prinzip der 'arischen Rasse' fußt, zu ersetzen. Terrorakte, Nazi-Propaganda und Anstachelung zu fremdenfeindlichen Aktionen sollten zum Ziel führen." Diese Pläne waren demnach weit über das Stadium einer Fantasie hinaus gediehen. Das bezeugen das militärische Ausbildungsprogramm sowie die gefundenen Schusswaffen, Messer und Samurai-Schwerte, sogenannte Katana.

Begonnen haben die Ermittlungen 2019 in einer Stadt, in der man in Italien keine besonderen Nazi-Sympathien vermuten würde: Neapel. In der Hafenstadt entdeckte die Digos, die Abteilung für allgemeine Ermittlungen und Sonderoperationen, eine Gruppe bestehend aus Nazis und Impfgegnern. Sie nannte sich "Orden von Hagal", inspiriert von einer Division der Waffen-SS. Die Gruppe wurde von den Ermittlern gesprengt, doch das Gift hatte offenbar gestreut. Bei der nun hochgenommenen "Werwolf"-Gruppe handelt es sich offenbar um eine Art Ableger.

"Vor Meloni stellen und ihr in den Kopf schießen"

Die Tageszeitung "Corriere della Sera" veröffentlichte Ausschnitte von Chatverläufen sowie die Verschriftlichung mitgeschnittener Gespräche. Herz dieser Gruppe war der geschlossene Telegram-Kanal "Werwolf Division" mit etwa 80 Mitgliedern. Nach einer Durchsuchung im Mai 2023 wurde der Kanal geschlossen, um kurz darauf unter neuem Namen wieder aufzutauchen. Diesmal hieß er "Divisione Nuova Alba".

In einem im Mai 2023 mitgehörten Gespräch fielen laut "Coriere della Serra" folgende Äußerungen: "Ich habe fünf Leute zu potenziellen Guerillakämpfern ausgebildet. Sie sollen sich vor Meloni stellen und ihr in den Kopf schießen." Ein weiterer Satz lautet: "Vor dem Parlament ist ein Hotel, auch von dort aus könnte man auf sie schießen." Die Ermittler vermuten demnach hinter der Stimme den Kampfausbilder Nicotra. Ziel der Gruppe war offenbar Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Die ist Präsidentin der Fratelli d'Italia, der Nachfolgerpartei der italienischen Faschisten von Benito Mussolini, die wegen ihrer Nähe zu Rechtsextremen selbst immer wieder in der Kritik steht.

Doch für die "Werwolf"-Gruppe ist sie offenbar nicht faschistisch genug. Im Gegenteil: Meloni sei eine "Verräterin", eine "Konkubine der Zionisten", hieß es. Diese "Faschistin, die nur so lange Faschistin war, bis sie an die Macht gekommen ist", müsse sterben, befanden die Beschuldigten laut dem Zeitungsbericht.

Waffen aus dem Darknet

Nicotra und seine Gleichgesinnten hatten neben Meloni auch Klaus Schwab im Visier. Der ist Präsident des World Economic Forum, das vor allem für das jährliche Gipfeltreffen von Wirtschaft und Politik im Schweizer Davos bekannt ist. Auch Schwab sollte erschossen werden. "Er hält sich anscheinend in der Schweiz auf", hieß es in einer Chatnachricht von Nicotra aus dem Frühling 2023. Man warte nur noch auch die Waffen, um zur Tat zu schreiten.

Woher die Waffen stammten oder stammen sollten, meinen die Ermittler ebenfalls zu wissen. Der "Comandante" Trevisani soll einen Messenger-Dienst auf seinem Handy installiert gehabt haben, mit dem sich Waffen jeder Art kaufen lassen. Bezahlt wird mit Bitcoins oder anderen Kryptowährungen.

Quelle: ntv.de

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