300.000 Reservisten mobilisiert Eine halbe Million Israelis ziehen in den Kampf
09.10.2023, 13:42 Uhr Artikel anhören
Der Angriff kam überraschend, doch die Kräfteverhältnisse sind klar verteilt: Binnen zwei Tagen mobilisiert die israelische Armee 300.000 Reservisten, die gemeinsam mit 173.000 aktiven Soldaten Rache an der Hamas üben wollen. Die klar unterlegenen Terroristen setzen auf menschliche Schutzschilde.
Den Menschen im Gazastreifen stehen blutige Wochen bevor. Nach dem Angriff der radikal-islamischen Hamas haben die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) die größte Mobilmachung ihrer Geschichte verkündet: Das Militär habe 300.000 Reservisten einberufen und damit so viele wie nie zuvor, teilte der Chefsprecher des Militärs, Daniel Hagari, am Mittag mit: "Wir gehen in die Offensive."
Der Gazastreifen werde einen Preis zahlen, der die Wirklichkeit für Generationen verändern werde, wurde Israels Verteidigungsminister Joaw Gallant noch deutlicher. Er kündigte eine vollständige Blockade des Küstengebiets an.
Weitere Reservisten stehen bereit
Die israelischen Reservisten schließen sich einer der weltweit größten und am besten ausgerüsteten Armeen an. Die gut 9 Millionen Einwohner von Israel werden zu jeder Zeit von 173.000 aktiven Soldaten beschützt. Dies ist nach Angaben der britischen Denkfabrik International Institute für Strategic Studies (IISS) mit 20 Soldaten pro 1000 Einwohner die drittgrößte aktive Armee der Welt. Nur Nordkorea (50,4) und Eritrea (33,8) verfügen pro 1000 Einwohner über mehr aktives Personal. Frauen stellen etwa ein Drittel der israelischen Streitkräfte.
Werden alle 465.000 Reservisten mobilisiert, steigt die israelische Verteidigungskraft auf 76 Soldaten pro 1000 Einwohner. Hinzu kommt modernes Gerät wie Kampfflugzeuge, Hubschrauber, Panzer und Artillerie.
Ihnen stehen nach Angaben des früheren BND-Mannes Gerhard Conrad etwa 10.000 bewaffnete Kämpfer der Hamas gegenüber. An dem überraschenden Angriff auf Israel waren seiner Einschätzung nach etwa ein Fünftel davon beteiligt: "Für diese Operation haben sie wahrscheinlich drei oder vier Kompanien gebraucht, alles in allem vielleicht 2.000 Mann", sagte Conrad in einem Interview mit der "Zeit". Ein israelischer Militärsprecher bezifferte die Zahl der nach Israel eingedrungenen Palästinenser auf etwa 1000.
Mindestens 170 Entführungsopfer
Die Aufgabe der israelischen Streitkräfte ist klar. Sie sollen in den kommenden Wochen möglichst alle Kämpfer der Hamas ausschalten, die Logistik der Terrororganisation im Gazastreifen zerstören sowie die Organisation als politischen Akteur vollständig eliminieren.
Zugleich sollen die israelischen Soldaten möglichst viele israelische Geiseln retten, die von Hamas-Kämpfern in den vergangenen beiden Tagen aus umliegenden Ortschaften und Dörfern entführt und in den Gazastreifen verschleppt wurden. Laut Israels Premierminister Benjamin Netanjahu sollen sich etwa 170 Israelis in der Gewalt der Hamas befinden. In einer im TV übertragenen Erklärung sagte ein Hamas-Sprecher allerdings, die Zahl der Entführten sei höher als von Netanjahu angegeben.
Sollte es - wie zu erwarten ist - zu einer großen Bodenoffensive kommen und die israelische Armee erstmals seit ihrem Abzug 2005 wieder mit Tausenden Soldaten in den Gazastreifen einmarschieren, besteht für die israelischen Geiseln nach Einschätzung von Experten allerdings wenig Hoffnung: Sobald es zur Bodenoffensive komme, sei klar: "Es werden viele Geiseln sterben", sagte Politologe Carlo Masala im Interview mit ntv, denn: "Die islamistische Hamas benutzt Zivilisten als menschliche Schutzschilde", erklärte das israelische Militär am Morgen.
Quelle: ntv.de, chr