Sie "zerteilen mein Land" Erdogan klagt über deutsche "Agenten"
25.07.2017, 16:14 Uhr
Jubel im Parlament: Parteichef Erdogan redet vor den Abgeordneten der AKP.
(Foto: REUTERS)
Der türkische Präsident glaubt unter anderem, Deutschland wolle mit Hilfe von Agenten sein Land zerstören und dessen Wirtschaft schaden. Doch am Ende würden es die Deutschen sein, "die verlieren", prophezeit Recep Tayyip Erdogan vor Abgeordneten seiner Partei.
Nach der Inhaftierung des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner hat der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan Spionagevorwürfe gegen die Bundesregierung erhoben und Deutschland mit wirtschaftlichen Konsequenzen gedroht. "Du erlaubst dem Präsidenten und den Ministern der Türkei nicht, in deinem Land zu sprechen", sagte Erdogan vor der AKP-Fraktion im Parlament in Ankara. "Aber deine Agenten kommen und tummeln sich hier in Hotels und zerteilen mein Land."
Steudtner, sein schwedischer Kollege Ali Gharavi und acht türkische Menschenrechtler waren am 5. Juli von der Polizei bei einem Seminar in einem Hotel in Istanbul festgenommen worden. Ihnen wird Unterstützung einer Terrororganisation vorgeworfen. Gegen sieben der zehn Beschuldigten wurde Untersuchungshaft verhängt. Darunter sind Steudtner, Gharavi und die Amnesty-Landesdirektorin Idil Eser.
Bereits kurz nach der Festnahme hatte Erdogan die Menschenrechtler in die Nähe von Putschisten gerückt. Die regierungsnahe Zeitung "Aksam" brachte die Menschenrechtler in Verbindung mit "Spionen". Erdogan sagte vor der AKP-Fraktion, entweder könne man mit der Türkei eine Partnerschaft und Freundschaft unter gleichen und gerechten Bedingungen eingehen, indem man ihr Recht auf Souveränität respektiere. "Oder ihr werdet die Antwort auf jede zur Schau gestellte Respektlosigkeit erhalten." Erdogan kritisierte, westliche Staaten wollten der Türkei ihren Willen aufzwingen. Eine Türkei, die sich erpressen lasse, gebe es aber nicht mehr.
"Kommunikationsproblem" behoben
Insbesondere Deutschland warf er vor, mit wirtschaftlichen Maßnahmen zu drohen. "Was sagen sie? 'Passt auf, wir werden nicht mehr bei euch investieren, die deutschen Firmen werden sich zurückziehen'", sagte Erdogan mit Blick auf Warnungen der Bundesregierung, dass die türkische Politik Auswirkungen auf die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland haben könnte.
Die Türkei habe kein Problem mit irgendeinem ausländischen Investor, und alle machten gute Gewinne, sagte er. "Aber wenn ihr uns droht, irrt ihr euch. Denn ihr werdet es sein, die verlieren", sagte Erdogan vor der Fraktion. Denn wenn sich eine Firma zurückziehe, würden andere Firmen ihren Platz einnehmen.
Er warf "gewissen Kreisen" vor, "die Waffe der Wirtschaft" gegen die Türkei einzusetzen. So sei aus einem "Routinevorgang" im Rahmen der Ermittlungen gegen die verbotene Gülen-Bewegung eine "schwarze Liste gegen deutsche Firmen" gemacht worden. Es sei "eine Lüge", dass es Ermittlungen gegen deutsche Firmen in der Türkei gebe, sagte Erdogan.
Deutsche Medien hatten vergangene Woche berichtet, dass die Türkei dem Bundeskriminalamt eine Liste mit deutschen Unternehmen übermittelt habe, die der Unterstützung von Terrorgruppen wie der Gülen-Bewegung verdächtigt werden. Die türkische Regierung bestätigte zwar, dass es eine Anfrage an Deutschland zur Übermittlung von Informationen gegeben habe. Doch versicherte sie, dass sich die Anfrage nicht auf deutsche, sondern auf türkische Firmen bezogen habe, die der Gülen-Bewegung nahestehen sollen, die für den Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich gemacht wird.
Erdogan kritisierte nun, dass zwar das "Kommunikationsproblem" behoben worden sei, doch würden deutsche Politiker diese Frage weiter "instrumentalisieren". Er verwahrte sich auch allgemein gegen "Belehrungen" aus Europa und warf dem Westen vor, von der Türkei zu erwarten, dass sie auf "einen Fingerwink hin" gehorche.
Quelle: ntv.de, mbo/dpa/AFP