EU-Minister fordern WaffenruheErdogan kündigt Angriff auf Idlib an

Der Konflikt um die syrische Provinz Idlib steht vor einer neuen Eskalationsstufe. Der türkische Präsident Erdogan kündigt eine Militäroffensive gegen dortige Assad-Truppen an. 14 EU-Außenminister fordern derweil ein Ende der Kämpfe, denn die humanitäre Lage in der Region ist bereits katastrophal.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den Angriff auf syrische Truppen in der Rebellenprovinz Idlib für Ende Februar angekündigt. Die Soldaten des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad würden aus der Nachbarschaft der türkischen Beobachtungsposten in der Region vertrieben, sagte Erdogan in einer Rede vor Abgeordneten seiner AK-Partei. Er hoffe, dass die Frage der Nutzung des Luftraums über der Provinz im Nordwesten Syriens rasch geklärt werde.
Die Lufthoheit in dem Gebiet hat die russische Luftwaffe. Sie unterstützt den Vormarsch der syrischen Regierungstruppen. In Moskau erklärte der stellvertretende Außenminister Michail Bogdanow, er rechne damit, dass die Gespräche mit der Türkei über Idlib positive Ergebnisse hervorbringen würden. Erdogan dagegen warf Russland vor, die humanitäre Krise in der Region nicht sehen zu wollen.
Nach Angaben der Vereinten Nationen sind in Idlib knapp eine Million Menschen auf der Flucht. Hilfsorganisationen sprechen von einer humanitären Katastrophe in der Region. Sie sind kaum noch in der Lage, die große Zahl an Vertriebenen zu versorgen. Es fehlt an Unterkünften, Nahrung, Heizmaterial und medizinischer Versorgung. Bei mehr als 560.000 Vertriebenen handele es sich um Kinder, fast 200.000 seien Frauen.
14 EU-Außenminister veröffentlichen Appell
Derweil forderten europäische Außenminister ein Ende der Kampfhandlungen in der syrischen Provinz Idlib. In einem gemeinsamen Gastbeitrag, der auf dem Nachrichtenportal ''T-Online'' veröffentlicht wurde, schreiben die Politiker aus 14 Ländern: "Wir rufen das syrische Regime und seine Unterstützer auf, diese Offensive zu beenden und den im Herbst 2018 vereinbarten Waffenstillstand wieder einzuhalten. Wir rufen sie auf, die Kampfhandlungen unverzüglich einzustellen und ihren Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht nachzukommen."
Das umfasse auch den Schutz humanitärer Helfer und medizinischen Personals, von denen viele ihr Leben beim Einsatz für die Zivilbevölkerung in Idlib verloren hätten. "Ferner rufen wir Russland auf, die Verhandlungen mit der Türkei fortzusetzen, um die furchtbare Lage in Idlib zu entschärfen und zu einer politischen Lösung beizutragen." Kriegsverbrechen dürften nicht straflos bleiben.
Russland dürfe zudem den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in den kommenden Monaten nicht daran hindern, "den Mechanismus für den grenzüberschreitenden Transport dringendst benötigter humanitärer Hilfsgüter nach Nordwestsyrien zu erneuern". Zu den Unterzeichnern des Beitrags gehört nach Angaben des Auswärtigen Amtes auch Bundesaußenminister Heiko Maas.
Türkei fürchtet neue Flüchtlingswelle
2017 hatten Russland, die Türkei und der Iran im russischen Sotschi eine Deeskalationszone vereinbart. Die Türkei gruppierte ihre Beobachtungsposten um diese Zone. Mittlerweile liegen mehrere Posten hinter der Frontlinie auf dem von syrischen Soldaten eroberten Gebiet. Die Türkei verhandelt seit Wochen erfolglos mit Russland über ein Ende der Offensive syrischer Truppen gegen die letzte Rebellenhochburg in dem Land.
Während Russland Assad unterstützt, hat sich die Türkei mit bestimmten Rebellengruppen verbündet und starke militärische Einheiten in das Nachbarland verlegt. Erdogan fürchtet unter anderem eine neue Flüchtlingswelle. Er hat wiederholt bekräftigt, dass sein Land über die bereits 3,6 Millionen in der Türkei lebenden Syrer hinaus keine weiteren Menschen mehr aufnehmen könne.