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"Wir sind stolze Deutsche" Erzgebirge-AfD nominiert Skandalpolitiker Krah für Bundestag

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Der umstrittene AfD-Politiker Maximilian Krah will von Brüssel nach Berlin wechseln.

Der umstrittene AfD-Politiker Maximilian Krah will von Brüssel nach Berlin wechseln.

(Foto: picture alliance/dpa)

Auffällige Nähe zu China und Russland, immer wieder provokante bis skandalöse Äußerungen: AfD-Europapolitiker Maximilian Krah ist selbst den Parteikollegen in Brüssel zu unberechenbar. Bald könnte Krah im Bundestag sitzen - zum mutmaßlichen Verdruss der AfD-Spitze.

Der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah macht mit seinen Plänen für einen Wechsel in den Bundestag ernst: Im sächsischen Rochlitz wurde der Dresdner als Direktkandidat für die kommende Bundestagswahl aufgestellt. Er tritt im Bundestagswahlkreis Chemnitzer Umland - Erzgebirgskreis II an. "Meine Kandidatur erfolgt auf Wunsch einer Mehrheit der Anwesenden, die sich zuvor in zwei Wahlgängen gegen die Wahl eines oder einer anderen Kandidatin entschieden. Diesen Vertrauensbeweis nehme ich dankend an und freue mich auf einen ereignisreichen Wahlkampf", teilte Krah mit.

Zeit Online veröffentlichte Videos der Rede Krahs bei der Aufstellungsveranstaltung in Rochlitz. "Wir wollen unsere Eltern respektieren, wir wollen unsere Vorfahren ehren. Die waren keine Verbrecher. Und wir sind stolze Sachsen und Deutsche", sagte er darin. "Meine Kampagne zielt vor allem auf junge Erwachsene und Erstwähler, die zunehmend von der Politik der etablierten Parteien abgestoßen sind", teilte Krah am Folgetag mit. Der 47-Jährige sorgte wiederholt für Aufsehen mit seiner großen Reichweite in sozialen Netzwerken wie Tiktok, wo er jungen Menschen unter anderem erklärte, dass "echte Männer" rechts seien.

Von der Europafraktion ausgeschlossen

Krahs Bundestagskandidatur ist in der eigenen Partei umstritten. Hintergrund sind neben seinen teils schrillen öffentlichen Auftritten vor allem Berichte über mutmaßliche Russland- und China-Verbindungen sowie Ermittlungen gegen einen Ex-Mitarbeiter wegen mutmaßlicher Spionage für China. Krah war deshalb in den letzten Wochen vor der Europawahl nicht mehr auf Wahlkampfveranstaltungen aufgetreten, obwohl er Spitzenkandidat seiner Partei zur Wahl des Europäischen Parlaments war.

In einer italienischen Zeitung hatte Krah zudem als relativierend wahrgenommene Äußerungen zur nationalsozialistischen SS gemacht. Die neu gewählte AfD-Delegation nahm den Sachsen nach der Wahl nicht in ihre Reihen auf. Er gehört auch nicht der Rechtsaußen-Fraktion im Parlament an, die die AfD gebildet hatte. Krahs Bande nach Russland rissen auch in seiner Rolle als Solo-Europaabgeordneter nicht ab: Im November war Krah ins russische Sotschi gereist und hatte maßgebliche Akteure aus dem Umfeld des pro-russischen Desinformationsnetzwerks "Voice of Europe" getroffen.

Wohl kaum Begeisterung bei Weidel und Chrupalla

Krah hat gute Aussichten, tatsächlich für die AfD in den Bundestag einzuziehen. Bei der Bundestagswahl 2021 hatte der damalige AfD-Kandidat Mike Mocsek mit rund 29 Prozent den Wahlkreis und deutlichem Vorsprung vor der zweitplatzierten CDU gewonnen. Bei der Landtagswahl im Sommer 2024 gingen aus der Region Mandate für die AfD und eines für die CDU hervor. Der Bundestagswahlkreis Chemnitzer Umland - Erzgebirgskreis II ist auch der Wahlkreis des CDU-Politikers Marco Wanderwitz. Der steht an der Spitze einer Gruppe von Bundestagsabgeordneten, die sich für ein AfD-Verbotsverfahren einsetzen. Wanderwitz tritt für den nächsten Bundestag nicht mehr an, was er mit zunehmenden Anfeindungen gegen seine Person und seine Familie begründet.

Welche Rolle Krah im Bundestag zukommen könnte, ist unklar. Zahlreiche AfD-Abgeordnete könnten auf Krah in ihren Reihen gut verzichten. Sein Auftreten und Vergangenheit passen eigentlich nicht zum erkennbaren Bemühen von AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel, die Partei nach außen hin zu professionalisieren und für andere Parteien anschlussfähiger zu machen.

Auch Weidels Co-Parteichef Tino Chrupalla dürfte wenig Interesse haben an einem starken Krah in seinem Heimatlandesverband, der AfD Sachsen. Immer wieder war darüber spekuliert worden, ob Bundespolitiker Chrupalla in Sachsen Verantwortung übernehmen könnte - als Spitzenkandidat seiner Partei und womöglich auch in einer künftig zu bildenden Landesregierung. Wegen der unklaren Aussichten einer Minderheitsregierung, die CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer derzeit zu bilden versucht, sind in Sachsen auch vorgezogene Neuwahlen denkbar.

Kommt Krah in die AfD-Fraktion?

Krahs Pläne, von Brüssel nach Berlin zu wechseln, waren schon länger bekannt. Er hatte in der "Welt am Sonntag" gesagt, die Gefechtslage habe sich geändert, dadurch dass er im EU-Parlament nicht in die AfD-Delegation und in die gemeinsame Rechtsaußenfraktion mit anderen europäischen Parteien aufgenommen worden sei.

Hypothetisch könnte Krah so ein Szenario auch in Berlin drohen: Der Abgeordnete Matthias Helferich ist zwar AfD-Mitglied, ist aber wegen als extremistisch eingeordneter Äußerungen nicht in die Fraktion aufgenommen worden. Die nordrhein-westfälische AfD streitet derzeit über Helferichs erneute Kandidatur. Ein Ausschluss von Krah wäre aber auch für Weidel und Chrupalla, die ihrer Fraktion vorsitzen, riskant: Einen erfolgreichen, von der Basis unterstützten Direktkandidaten nicht in die AfD-Fraktion aufzunehmen, wäre der einflussreichen Sachsen-AfD nicht leicht zu vermitteln.

Quelle: ntv.de, shu/tko/lar/dpa

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