"Erste Teile brechen aus Mauer" Experte Mölling sieht ukrainische Offensive auf gutem Weg
01.08.2023, 12:14 Uhr Artikel anhören
Ein ukrainischer Soldat feuert nahe Bachmut mit einer D-20-Haubitze.
(Foto: REUTERS)
Die Erfolge sind bisher klein, doch es gibt sie: Die Ukraine befreit bei ihrer Gegenoffensive trotz aller Schwierigkeiten immer mehr Gebiete. Sicherheitsexperte Mölling sieht die russischen Stellungen geschwächt, zumal diese "offensichtlich erheblichen Verschleiß" hätten.
Die Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte kommt nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Christian Mölling trotz aller Schwierigkeiten voran. "Wir sehen in den letzten Wochen signifikante Veränderungen", sagte Mölling im "Stern"-Podcast "Ukraine - die Lage". Im Süden hätten die Ukrainer die Angriffe auf Logistik und Transportwege verstärkt und zudem die Artillerie des Gegners dezimiert. "Es brechen erste Teile aus der Mauer heraus", sagte der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik über die Verteidigungsanlagen der Russen.
"Hinzu kommt, dass die russischen Streitkräfte im Süden offensichtlich erheblichen Verschleiß haben", so Mölling. Die Einheiten müssten eigentlich ausgewechselt werden. "Die, die noch am Leben sind, stehen seit Wochen im Kampf", sagte der Experte weiter. "Russland kann sie aber nicht auswechseln, weil es keine Reserven mehr hat." Daher sei er "ganz positiv, dass die Ukrainer den längeren Atem haben".
Mölling verwies zudem auf die Kämpfe um die zerstörte Stadt Bachmut, die zu einem Symbol geworden sei und von Russland daher nicht aufgegeben werden könne. Die Ukrainer könnten die Ruinen der Stadt von drei Seiten beschießen und den russischen Truppen Verluste zufügen. Hier sei der russische Präsident Wladimir Putin "in der Zwickmühle". Die militärischen Fortschritte der Ukrainer bedeuteten aber nicht, dass sie nun rasch bis zum Asowschen Meer vorrücken könnten, wie das im Westen mancher erhoffe.
Mit den Drohnenangriffen auf Moskau will laut Mölling die Ukraine zeigen, dass Putin die Lage nicht mehr im Griff hat. Der Eindruck, den das Regime mache, sei: "An allen Ecken und Ende quillt immer ein bisschen Chaos raus."
Veränderung der internationalen Stellung
Mit wenig Zuversicht betrachtet der Experte allerdings die Friedensgespräche, die diese Woche in Saudi-Arabien stattfinden sollen. Mölling sagte: "In der Substanz hat sich ja an den Forderungen und Bedingungen, unter denen solche Gespräche stattfinden könnten, nichts geändert. Von daher wird sich da aus meiner Sicht nicht viel bewegen."
Erkennen könne man aber eine langsame Veränderung der internationalen Beziehungsgeflechte. Russland sei im Verhältnis zu China dauerhaft ein Juniorpartner, es trete Nordkorea gegenüber als Bittsteller auf, weil Munition fehlt. Zudem sei es auf den Iran angewiesen. "Das macht natürlich was mit dem Ansehen", so Mölling. Er verwies darauf, dass Putin auch in Afrika nicht darauf bauen könne, automatisch unterstützt zu werden. "Man kann an der Reaktion der afrikanischen Staaten beim Russland-Afrika-Gipfel klar sehen, dass das keine Freundschafts- und Liebesbeziehungen sind", sagte Mölling.
Quelle: ntv.de