Verlangen nach "Blut und Rache" Folter der Terrorverdächtigen von Moskau unterstreicht Brutalität
28.03.2024, 12:00 Uhr Artikel anhören
Ein Tatverdächtiger des Terroranschlags auf die Konzerthalle Crocus City Hall sitzt übel zugerichtet in einem Glaskäfig im Moskauer Bezirksgericht.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Kurz nach dem Terror-Anschlag bei Moskau präsentieren die russischen Sicherheitsbehörden die mutmaßlichen Attentäter mit brutalen Folterspuren. Die Verbreitung der Folterpraktiken soll einem Bericht zufolge nicht nur weitere Extremisten abschrecken. Vor allem solle es den Rachedurst stillen.
Die russischen Behörden sollen die Folterung von Tatverdächtigen des Terroranschlags bei Moskau anscheinend bewusst zur Schau gestellt haben. Nur Stunden nachdem die Verhaftung der mutmaßlichen Schützen bekannt gegeben wurde, kursierten bereits Fotos und Videos von den Verhafteten, die brutale Folterspuren zeigten. Wie Sicherheitsbeamte nun dem russischen Portal Verstka erzählen, sind diese Bilder mit Kalkül weiterverbreitet worden. Sie seien von ihren Vorgesetzten angewiesen worden, in den Videos die Brutalität zu unterstreichen, mit der die Verhafteten "behandelt" wurden. Die Veröffentlichung sei "sanktioniert" gewesen, hieß es. Zudem sollte das Filmmaterial so weit wie möglich verbreitet werden.
"Verbrannte Eier und ein abgeschnittenes Ohr - das ist erst der Anfang. Als nächstes werden die Finger abgetrennt, einer nach dem anderen. Das ist eine Präventionsmaßnahme", sagt demnach ein an den Ermittlungen beteiligter Agent. "Diese Weicheier sollen wissen, dass im Himmel keine Jungfrauen auf sie warten. Diese Art von Demonstration wird viele Leute dazu bringen, zweimal über die Konsequenzen nachzudenken und sie davon abhalten, eine schlechte Entscheidung zu treffen."Ein anderer Agent hat noch eine Erklärung: "Die Bevölkerung verlangt nach Blut und Rache, und genau das zeigen wir ihr."
Bei der Vorführung vor dem Haftrichter waren die Angeklagten in einem desaströsen Zustand zu sehen. Ihre Gesichter waren stark angeschwollen, hatten deutlich sichtbaren Blutergüsse, Schwellungen, Schürf- und Platzwunden. Einer von ihnen war offensichtlich nicht mehr in der Lage zu laufen und lag mit geschlossenen Augen festgeschnallt in einem Krankenstuhl. Ein anderer hatte einen wenig fachkundig wirkenden Verband am rechten Ohr. Vor dem Gerichtstermin waren Videoaufnahmen im Netz verbreitet worden, die zeigen sollen, dass die festgenommenen Männer gefoltert wurden und einem von ihnen gar ein Ohr abgeschnitten wurde. Er soll sogar gezwungen worden seien, sein abgeschnittenes Ohr zu essen.
Suche nach Vermissten eingestellt
Mit Sturmgewehren bewaffnete Angreifer hatten am vergangenen Freitagabend in der Crocus-Stadthalle in Moskau das Feuer auf die Besucher eines Konzerts eröffnet. Dabei kamen nach Angaben des russischen Katastrophenschutzministeriums vom späten Mittwochabend insgesamt 143 Menschen ums Leben. Zuvor war die Zahl der Todesopfer offiziell mit 139 angegeben worden. Inzwischen wurde die Suche nach Vermissten in der Moskauer Konzerthalle eingestellt.
Der radikal-islamische ISPK, der afghanische Ableger der Extremisten-Organisation Islamischer Staat (IS), hatte sich offiziell zu dem Anschlag bekannt. Bislang wurden elf Personen festgenommen, darunter die vier mutmaßlichen Schützen. Sie sollen aus der zentralasiatischen Republik Tadschikistan stammen. Viele Staaten hatten ihr Entsetzen wegen des Anschlags und ihr Mitgefühl für die Opfer erklärt - darunter die USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und die Ukraine.
Quelle: ntv.de, gut/rts/dpa