Falsche Betrugsvorwürfe Fox News zahlt 787 Millionen Dollar an Wahlmaschinen-Hersteller
19.04.2023, 00:04 Uhr Artikel anhören
Vorm Gerichtsgebäude äußern sich die Dominion-Anwälte zu dem Prozess, der dann überraschend mit einem Vergleich abgewendet wird.
(Foto: AP)
Als Donald Trump nach seiner Wahlniederlage 2020 beginnt, die Mär von der "gestohlenen Wahl" zu erzählen, greift der Sender Fox News die Manipulationsvorwürfe dankbar auf. Der Wahlmaschinenhersteller Dominion klagt wegen Rufschädigung. Auf den Prozess will es der Sender jetzt doch nicht ankommen lassen.
Überraschende Last-Minute-Einigung in einem historischen Rechtsstreit: Der rechte US-Nachrichtensender Fox News zahlt dem Wahlmaschinen-Unternehmen Dominion wegen falscher Wahlbetrugsvorwürfe mehr als 787 Millionen Dollar Schadenersatz. Der zuständige Richter in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware und die Konfliktparteien gaben den Vergleich am Dienstag bekannt. Damit wendete Fox News im letzten Moment einen Verleumdungsprozess ab.
"Die Wahrheit ist wichtig. Lügen haben Konsequenzen", sagte Dominion-Anwalt Justin Nelson vor dem Gerichtsgebäude. Mit dem Vergleich mit einem Umfang von 787,5 Millionen Dollar (rund 719 Millionen Euro) werde für "Rehabilitierung und Rechenschaftspflicht" gesorgt.
Dominion-Chef John Poulos sprach von einer "historischen" Einigung. "Fox hat zugegeben, Lügen über Dominion verbreitet zu haben, die meinem Unternehmen, unseren Mitarbeitern und den Kunden, denen wir dienen, gewaltigen Schaden zugefügt haben. Nichts wird das jemals wieder gutmachen können."
Fox News: Es war nur Berichterstattung
Dominion hatte Fox News im März 2021 wegen falscher Vorwürfe des Wahlbetrugs bei der Präsidentschaftswahl 2020 auf 1,6 Milliarden Dollar (knapp 1,5 Milliarden Euro) Schadenersatz verklagt. Die Firma wirft dem Sender vor, die Falschbehauptung verbreitet zu haben, dass Dominion-Wahlmaschinen zur Wahlmanipulation genutzt worden seien - obwohl Fox-News-Verantwortliche und Moderatoren genau gewusst hätten, dass die Vorwürfe haltlos waren.
Fox News hielt dagegen, der Sender habe über die Vorwürfe aus dem Lager des damaligen Präsidenten Donald Trump lediglich berichtet, ohne sie sich zu eigen zu machen. Der Sender beruft sich auf den ersten US-Verfassungszusatz, der die Meinungs- und Pressefreiheit schützt.
Der Zivilprozess in Delaware hätte am Dienstagmittag mit den Eröffnungsplädoyers der Anwälte beider Seiten beginnen sollen, nachdem am Vormittag die Geschworenen vereidigt worden waren. Nach der Mittagspause verzögerte sich die Aufnahme des Verfahrens aber um rund zweieinhalb Stunden, ohne dass dafür eine Begründung genannt wurde. Richter Eric Davis verkündete dann überraschend die Einigung zwischen den Konfliktparteien.
Fox News zeigte sich in einer Erklärung "zufrieden" mit dem erzielten Vergleich. Der zum Medienimperium des umstrittenen Milliardärs Rupert Murdoch gehörende Sender räumte ein, dass "einige Behauptungen über Dominion falsch waren". Der Vergleich spiegele wider, dass Fox News sich den "höchsten journalistischen Standards" verpflichtet fühle.
Fox-Moderatoren glaubten die Behauptungen selbst nicht
Der bei der Präsidentschaftswahl im November 2020 unterlegene Amtsinhaber Trump hatte nach seiner Niederlage schwere Wahlbetrugsvorwürfe erhoben, die in der Folge vielfach widerlegt wurden. Zahlreiche rechte Medien griffen diese Vorwürfe auf und verbreiteten sie weiter - so auch Fox News.
Im Zuge des von Dominion angestrengten Verleumdungsverfahrens gab es in den vergangenen Monaten eine Reihe von unangenehmen Enthüllungen über Fox News. So räumte Medienmogul Murdoch laut einem Ende Februar veröffentlichten Gerichtsdokument unter Eid ein, dass prominente Fox-News-Moderatoren nach der Präsidentschaftswahl vom November 2020 in ihren Sendungen falsche Wahlbetrugsvorwürfe "unterstützt" hatten.
Bereits zuvor hatte ein Gerichtsdokument von Dominion deutlich gemacht, dass Murdoch und bekannte Fox-News-Moderatoren die Wahlbetrugsvorwürfe für unsinnig hielten. Murdoch etwa bezeichnete demnach die Behauptungen intern als "verrückt" und "schädlich". Starmoderatoren wie Tucker Carlson und Laura Ingraham lästerten über die damaligen Trump-Anwälte Rudy Giuliani und Sidney Powell - und teils über Trump selbst.
Trump, der bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut antreten will, spricht bis heute von angeblichem Betrug bei der Wahl 2020. Der 76-jährige Rechtspopulist hat nach heutigem Stand gute Chancen, die Vorwahlen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikanischen Partei zu gewinnen.
Quelle: ntv.de, ino/AFP