Politik

Jungfrauen, Mohammed und Party Franzosen reißen sich um "Charlie Hebdo"

Die Auflage von "Charlie Hebdo" wurde noch einmal erhöht - auf sage und schreibe fünf Millionen.

Die Auflage von "Charlie Hebdo" wurde noch einmal erhöht - auf sage und schreibe fünf Millionen.

(Foto: Reuters)

Nicht nur drei, nun sogar fünf Millionen beträgt die Auflage der neuen Ausgabe von "Charlie Hebdo", die heute erscheint. Schon am frühen Morgen sind die Hefte an vielen Kiosken vergriffen. Die Inhalte sind schon im Internet sichtbar.

Die Franzosen stürmen die Kioske: Millionen Menschen wollen sich die neue Ausgabe von "Charlie Hebdo" sichern - der Ersten seit dem Attentat am vergangenen Mittwoch. "Es war unglaublich, ich hatte eine Schlange von 60 bis 70 Leuten, die schon dort warteten, als ich geöffnet habe", sagte die Verkäuferin an einem Pariser Zeitungsstand. "So etwas habe ich noch nie gesehen, alle meine 450 Exemplare waren in 15 Minuten ausverkauft." Viele Stammkunden hätten sich schon im Vorfeld Exemplare reserviert, berichteten Verkäufer nach dem Verkaufsstart in den frühen Morgenstunden. Kurz nach der Veröffentlichung tauchten die Seiten der Zeitung als Fotos im Internet auf.

Spannende Lektüre: Die Franzosen haben der Veröffentlichung der neuen "Charlie Hebdo" regelrecht entgegengefiebert..

Spannende Lektüre: Die Franzosen haben der Veröffentlichung der neuen "Charlie Hebdo" regelrecht entgegengefiebert..

(Foto: dpa)

Das hat Folgen: Die Rekord-Auflage wird noch einmal erhöht: Statt drei Millionen würden nun fünf Millionen Exemplare gedruckt, gab der Vertrieb MLP bekannt. Die neue Ausgabe war bereits am Morgen in allen 27.000 Zeitungsläden Frankreichs ausverkauft, wie die Presse-Handelsvereinigung UNDP mitteilte. Normalerweise erscheint "Charlie Hebdo" mit einer Auflage von 60.000 Exemplaren.

Auf der Titelseite der neuen Ausgabe ist erneut eine Mohammed-Karikatur abgedruckt. Von der neuen Ausgabe sollen zunächst eine Million Exemplare am Mittwoch verteilt werden, in den folgenden Tagen dann jeweils etwa 500.000. Die Überlebenden der Redaktion hatten die neue Ausgabe trotz des blutigen Anschlags erarbeitet.

In der jüngsten Ausgabe des Magazins machen sich die noch lebenden Macher von "Charlie Hebdo" unter anderem über die islamistischen Terroristen lustig, die am vergangenen Mittwoch bei einem Angriff auf die Reaktion zwölf Menschen erschossen hatten. In Karikaturen werden sie als geistig minderbemittelte Idioten der Lächerlichkeit preisgegeben.

In einer Zeichnung wird beispielsweise darauf angespielt, dass einer der Attentäter bei einem Entsorgungsbetrieb arbeitete. In der Karikatur steht der Abfallsortierer ratlos vor zwei Mülltonnen, von denen eine die Aufschrift "Gut" und die andere die Aufschrift "Böse" trägt. "Das ist zu kompliziert", steht dazu in der Sprechblase. In einer anderen Karikatur fragen die von der Polizei getöteten Attentäter im Himmel nach Jungfrauen, die sie von Gott als Belohnung für ihren Terrorangriff erwarten. Die seien alle beim Team von Charlie, wird ihnen aus einer Wolke zugerufen, in der eine wilde Party steigt.

Englische und arabische Versionen

Die noch lebenden Macher des Blattes wollen international insgesamt drei Millionen Exemplare vertreiben. Der Inhalt wird dafür auch ins Englische, Arabische und weitere Sprachen übersetzt. An Kiosken in Deutschland wird das Blatt spätestens am Wochenende erhältlich sein. Eine deutsche Fassung war zunächst nicht geplant. Das Titelbild der "Charlie-Hebdo"-Ausgabe zeigt erneut eine Mohammed-Zeichnung.

Über ihr steht in großen Buchstaben "Tout est pardonné" (Alles ist vergeben). Nach den Glaubensvorstellungen von Muslimen sollen weder Gott noch Mohammed bildlich dargestellt werden. Frühere, zum Teil sehr derbe Mohammed-Karikaturen von "Charlie Hebdo" gelten als Hintergrund des Terrorangriffs auf die Redaktion. Bei ihm starb auch Redaktionsleiter Stéphane Charbonnier alias Charb.

Die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) bezeichnete das Cover der neuen Ausgabe als "extrem dumm". Mit den neuen Karikaturen werde erneut der Prophet beleidigt. Ägyptische Islamgelehrte reagierten mit scharfer Kritik auf die neue Ausgabe. Diese "ungerechtfertigte Provokation von 1,5 Milliarden Muslimen weltweit" werde eine neue Welle des Hasses auslösen, erklärte die wichtige religiöse Einrichtung Dar al-Ifta in Kairo. Auch die iranische Regierung verurteilt das Titelbild. "Das ist eine provokative Geste und für Muslime verletzend", sagte Außenamtssprecherin Marsieh Afcham in Teheran. Sie sprach von einem Missbrauch der Pressefreiheit, der für Muslime inakzeptabel sei. Die Terrorgruppe Al-Kaida im Islamischen Maghreb (AQMI) hatte zuletzt im Internet mit weiteren Angriffen auf Frankreich gedroht.

Quelle: ntv.de, vpe/dpa/AFP

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