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Werbeverbot für Abtreibungen Frauenärztin erneut zu Geldstrafe verurteilt

Kristina Hänel hat bereits angekündigt, gegen das Urteil in Revision zu gehen.

Kristina Hänel hat bereits angekündigt, gegen das Urteil in Revision zu gehen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Weil sie auf ihrer Webseite über Schwangerschaftsabbrüche informierte, wird die Ärztin Kristina Hänel auch im Berufungsprozess zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Richterin muss sich an den neugeregelten Paragrafen 219a StGB halten - an dessen Verfassungsmäßigkeit sie jedoch zweifelt.

Wegen des Verstoßes gegen den umstrittenen Abtreibungsparagrafen 219a des Strafgesetzbuches (StGB) ist die Gießener Ärztin Kristina Hänel abermals zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Gießen sah es in einem erneuten Berufungsprozess als erwiesen an, dass sich die Medizinerin mit Informationen über Schwangerschaftsabbrüche, die sie auf ihrer Internetseite Patientinnen zur Verfügung gestellt hatte, strafbar gemacht hat. Der Paragraf 219a StGB verbietet Werbung für Abtreibungen.

Gleichzeitig machte die Kammer deutlich, dass sie es für fraglich hält, ob diese Vorschrift verfassungsmäßig ist. "Man kann erhebliche Bedenken haben", sagte die Vorsitzende Richterin. Sie sei nicht der Ansicht, dass der im März reformierte Paragraf 219a StGB, der dem Urteil zugrunde liegt, "strafrechtlich in irgendeiner Hinsicht gelungen ist".

Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Gießen zu einer Geldstrafe in Höhe von 6000 Euro wurde damit verworfen. Das Strafmaß wurde jedoch auf 2500 Euro herabgesetzt. Damit blieb die Kammer unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Geldstrafe in Höhe von 25 Tagessätzen zu je 150 Euro, insgesamt 3750 Euro, gefordert hatte.

Das Landgericht sei an die Vorgaben des Gesetzgebers gebunden, in diesem Fall an den reformierten Paragrafen 219a StGB, hieß es zur Begründung. Das Gericht kritisierte aber, dass das reformierte Gesetz in sich widersprüchlich sei. So sei die Information über Schwangerschaftsabbrüche erlaubt, Informationen über die Methoden hingegen nicht.

Kritik von Opposition

Hänel und ihr Verteidiger hatten bereits vor der Urteilsverkündung gesagt, dass sie den Paragrafen auch in seiner geänderten Form für verfassungswidrig halten. Er verletze die Berufs- und die Meinungsfreiheit und schränke das Grundrecht der betroffenen Frauen auf Informationsfreiheit ein. Hänels Verteidiger appellierte an die Kammer, bundesweit Klarheit zu schaffen. Es sei höchste Zeit, dass vom Bundesgerichtshof und vom Europäischen Gerichtshof über den Fall Hänel entschieden werde. Die Ärztin will Revision einlegen.

Hänel war 2017 in erster Instanz vom Amtsgericht Gießen zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden. Der Berufungsprozess musste nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt neu aufgerollt werden. Grund: die neue Rechtslage. Der Paragraf 219a StGB wurde im März, nach einer durch den Fall Hänel ausgelösten bundesweiten Debatte, geändert. Hinzu kam ein Absatz, wonach Ärzte oder Kliniken öffentlich informieren können, dass sie Abtreibungen vornehmen. Auch in dieser Form ist der Paragraf jedoch umstritten.

Die Opposition im Bundestag kritisierte angesichts der neuen Verurteilung den Paragrafen 219a StGB scharf. Die Große Koalition habe ihn "stümperhaft neu geregelt", erklärte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae. Er forderte, den Paragrafen komplett abzuschaffen. "Wir müssen Ärzten, die seriös informieren und damit nur ihrer Arbeit nachgehen, solche Prozesse ersparen", fügte Thomae hinzu.

Auch die Linke sprach sich für eine Abschaffung des umstrittenen Paragrafen aus. Eine neuerliche Verurteilung Hänels sei aufgrund der Gesetzeslage zu erwarten gewesen, teilte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Cornelia Möhring mit. "Es war absehbar, dass es mit der Neuregelung keine Rechtssicherheit geben wird", ergänzte sie. Die Grünen hoben hervor, dass die Rechtsprechung uneinheitlich sei. Durch den geänderten Paragrafen 219a StGB sei "nichts besser oder klarer geworden", erklärten die Sprecherinnen für Frauenpolitik und Rechtspolitik, Ulle Schauws und Katja Keul.

Quelle: ntv.de, ftü/dpa/AFP

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