Politik

Das wollen die Freien Wähler"Freibierpartei" könnte Söder Druck machen

15.10.2018, 17:17 Uhr
imageVon Gudula Hörr
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Strahlender Dritter: Aiwanger am Abend (Foto: dpa)

Die Freien Wer? Es ist wie mit so vielen Dingen in Bayern: Im Rest der Republik kennt sie keiner. Dabei könnten die Freien Wähler bald mit der CSU koalieren und Ministerpräsident Söder vor sich hertreiben.

Die Wahllokale sind kaum geschlossen, da gibt Hubert Aiwanger von den Freien Wählern bereits die Richtung vor. "Wenn die CSU eine bürgerliche Regierung haben will, wird sie nicht um uns herumkommen." Aiwanger ist Chef der Freien Wähler, die bei der bayerischen Landtagswahl am Sonntag mit 11,6 Prozent dritte Kraft wurden, und die nun auf eine Koalition mit der CSU hoffen. Was Ministerpräsident Söder an diesem Montag bereits die "naheliegendste Variante" nannte. Mit den Freien Wählern könne er eine seriöse und stabile Regierung bilden.

Doch wer sind eigentlich die Freien Wähler? Die Partei bildete sich aus kommunalen freien Wählergruppen. 1998 stellten sich die Freien Wähler Bayern erstmals zur Wahl, zehn Jahre später zogen sie mit 10 Prozent in den bayerischen Landtag ein. Schon damals hätten sie mit der CSU koalieren können, doch die CSU bevorzugte die FDP. Aiwanger galt vielen Christsozialen als "Politikprolet". Als er zum ersten Mal im Landtag sprach, so beschrieb es die "Abendzeitung" vor fünf Jahren, riefen ihm die Abgeordneten wegen seines niederbayerischen Dialekts zu: "Red deutsch!"

Der Ärger über Aiwanger entzündete sich aber nicht nur an dessen Dialekt: Schließlich standen sich CSU und Freie Wähler ideologisch nahe und fischten im selben Wählerbecken. Viele Wähler Aiwangers hatten früher ihr Kreuz bei der CSU gesetzt. Und Aiwanger, der einst mit Unterstützung der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung sein Studium zum Diplomingenieur finanzierte, fokussiert sich besonders auf die Schwächen der Christsozialen. "Die Arroganz der CSU, den Staat und die Bürger als Beute zu betrachten, werden wir ihr in der Regierung austreiben", sagte er noch kurz vor der Wahl dem "Tagesspiegel". Schließlich war es auch das, was den leidenschaftlichen Jäger 2002 zu den Freien Wählern führte: der Ärger über die CSU, die seit Jahrzehnten die Politik des Landes bestimmte.

Seit 2006 ist Aiwanger Chef der Partei und repräsentiert sie erfolgreich nach außen. Allerdings wäre der Erfolg der Freien Wähler undenkbar, ohne deren Verankerung in der Lokalpolitik. So stellen sie etliche Landräte, Tausende Gemeinderäte und mehr als 800 von insgesamt 2013 Bürgermeistern. In der bayerischen Landespolitik sind sie längst ein stabiler Faktor. Zu Hilfe kommt ihnen das "Vertrauensvakuum", das die CSU hinterließ, sagt Forsa-Chef Manfred Güllner n-tv.de. "Während die urbanen Liberalen zu den Grünen gewandert sind, fangen die Freien Wähler die bayerischen Konservativen auf. Dabei profitieren sie von der Schwäche und der Hybris der CSU."

Knackpunkt kostenlose Kitas und dritte Startbahn

In ihrem Wahlprogramm unterscheiden sich die Freien Wähler in vielen Punkten gar nicht so sehr von der CSU, außer dass sie vielfach einfach noch eins draufsatteln auf deren Forderungen: Mehr Polizisten und Lehrer, mehr Förderprogramme für Bauern. Dabei stellen sie sich gerne als bürgernahe politische Kraft dar, die die CSU vor sich hertreibt: bei der Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium sowie der Abschaffung der Studiengebühren und Straßenbaubeiträge. Söder verspottet sie daher auch gerne als "Freibierpartei", wobei er selbst im vergangenen halben Jahr als Ministerpräsident großzügig Wahlgeschenke verteilte.

Im Gegensatz zur CSU fordern die Freien Wähler kostenlose Kitas, und versuchen wie die Grünen den Ausbau einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen zu verhindern. Beides sei unverhandelbar, sagte Aiwanger noch nach der Wahl. Stattdessen plädiert er für einen Ersatz vieler innerdeutscher Flüge durch die Bahn. Immerhin, das von der CSU durchgedrückte Polizeiaufgabengesetz will er - im Gegensatz zu den anderen Oppositionsparteien - nicht komplett abschaffen, sondern nur überarbeiten.

Den Freien Wählern kommt nun die Notlage der geschwächten CSU zupass. Das Programm der Grünen sei nicht koalitionsfähig, hat Söder im Wahlkampf immer wieder klargemacht und dafür viel Applaus bekommen. Da kann Aiwanger den Preis in die Höhe treiben. "Wir werden uns nicht unter Wert verkaufen", sagte er der Deutschen Presse Agentur am Tag nach der Wahl. "Drei große oder fünf sehr kleine Ministerien" werde er Söder abringen. Und auch in der Regierung gelte: "Sollte hier Foul-Spiel passieren, sagen wir: Sucht euch einen Dümmeren."

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