Gremium will Überwachungsliste G 10 prüft Klage gegen Bundesregierung
29.07.2015, 03:22 Uhr
Kanzleramtsminister Peter Altmaier argumentiert gegen die Offenlegung der Listen mit "Völkervertragsrecht".
(Foto: picture alliance / dpa)
Der BND half der NSA ohne Prüfung dabei, in Deutschland zu spionieren. Der Bundestag will wissen, wer überwacht wurde. Die Bundesregierung blockt. Abgeordnete in der G-10-Kontrollkommission prüfen nun den Gang vors Verfassungsgericht.
Die G-10-Kontrollkommission des Bundestages prüft Medienberichten zufolge eine Klage vor dem Verfassungsgericht, um Einsicht in die vom US-Geheimdienst NSA an den Bundesnachrichtendienst (BND) übermittelten Selektorenlisten zu erzwingen. Zu diesem Zweck habe die Kommission bereits Juristen beauftragt, berichteten die "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR. Die Bundesregierung hatte der Kommission verweigert, die Liste mit den Suchmerkmalen selbst einsehen zu dürfen. Grüne und Linke wollen auf Einsicht in die Listen klagen.
Das Kürzel G 10 steht für den Grundgesetzartikel 10, der das Fernmeldegeheimnis schützt. Ohne die Zustimmung der Kommission dürfen mutmaßliche Terroristen nicht überwacht werden.
Die Bundesregierung hatte den ehemaligen Bundesrichter Kurt Graulich als Sonderbeauftragten ernannt, um für die Parlamentarier die NSA-Selektorenlisten zu sichten - also jene Suchparameter, die der US-Geheimdienst dem BND übermittelte. Graulich soll feststellen, in welchem Umfang der BND der NSA bei Spionage-Einsätzen gegen europäische Partnerländer half und ob dabei gegen Absprachen verstoßen wurde. Die Ergebnisse seiner Prüfung sollen den zuständigen Gremien zur Verfügung gestellt werden.
Die Oppositionsabgeordneten im NSA-Ausschuss lehnen dieses Vorgehen ebenso ab wie die Mehrheit der Mitglieder in der G-10-Kommission. Die zuständigen Abgeordneten müssten die Listen selbst sehen und könnten sich nicht auf einen Beauftragten verlassen, hieß es dem Bericht zufolge aus Kreisen der G-10-Kommission. Die Juristen sollten nun zunächst klären, ob die Kommission - ein eigenständiges Organ des Bundestages - klageberechtigt ist. Einen solchen Fall hat es demnach noch nicht gegeben. Mit einer endgültigen Entscheidung über eine Verfassungklage werde Ende August in der nächsten Sitzung der G-10-Kommission gerechnet, berichteten "SZ", WDR und NDR.
Dreiecksverhältnis gestört
Das einst gute Verhältnis zwischen Regierung, Geheimdiensten und der G-10-Kommission gilt den Berichten zufolge als gestört. Mitglieder des Gremiums fühlten sich von der Regierung nicht vollständig informiert oder gar hintergangen. Sie klagen, sie seien in der Vergangenheit über den wahren Zweck von Überwachungsmaßnahmen nicht ausreichend informiert worden. Im Zusammenhang mit den Unstimmigkeiten wurde unlängst die Genehmigung einiger neuer Überwachungsmaßnahmen verzögert.
Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) hatte laut "SZ", WDR und NDR vor einigen Wochen in einem als geheim eingestuften Brief die Vorsitzenden der G-10-Kommission, des NSA-Untersuchungsausschusses und des Parlamentarischen Kontrollgremiums über seine Gründe für die Verweigerung informiert. Demnach wäre "eine Offenlegung des Selektorenprofils" der NSA ohne Zustimmung der USA ein Verstoß gegen das "geltende Völkervertragsrecht". Deutschland werde dann wohl nicht nur von den USA, sondern womöglich auch von Drittstaaten "insgesamt als unzuverlässiger Partner angesehen", dem "besonders sensibles Material nicht mehr anvertraut werden" könne.
Quelle: ntv.de, rpe/AFP