Politik

Treffen mit Putin wird erwartet Gabriel holt Moskau-Besuch nach

Sigmar Gabriel ist ein Kritiker der Russland-Sanktionen und könnte mit Wladimir Putin über teilweise Lockerungen sprechen.

Sigmar Gabriel ist ein Kritiker der Russland-Sanktionen und könnte mit Wladimir Putin über teilweise Lockerungen sprechen.

(Foto: dpa)

Aus zwei Wahlen und dem Ceta-Konvent geht SPD-Chef Sigmar Gabriel gestärkt hervor und reist mit Rückenwind nach Russland. Dort will er sich um die wirtschaftlichen Beziehungen bemühen - und um die Gunst von Kremlchef Wladimir Putin.

"Russland-Versteher", "Putin-Versteher", "Kuschelkurs gegenüber Moskau": So giftet es im Juni aus den Reihen der Union in Richtung Sozialdemokraten. Grund des Unmuts: Erst warnt Außenminister Frank-Walter Steinmeier davor, die Lage an den Nato-Ostgrenzen nicht durch "Säbelrasseln und Kriegsgeheul" weiter anzuheizen. Dann plant auch noch Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel, zu Präsident Wladimir Putin zu fahren. In der Koalition entbrennt in der Folge ein Streit über den Umgang mit Russland, das 2014 wegen seiner Rolle im Ukraine-Konflikt von der Europäischen Union mit Sanktionen belegt wurde.

Bei CDU und CSU wittert man auch ein Manöver der Genossen, um sich bei der Linkspartei anzubiedern und AfD-Wähler abzujagen. Wie begründet dies ist, zeigt sich jüngst wieder in einer Umfrage: Putin genießt unter vielen Anhängern der Alternative für Deutschland und der Linken mehr Vertrauen als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Drei Monate später verursachen Gabriels Reisepläne keinen Wirbel mehr - obwohl auch dieses Mal ein Treffen mit Putin im Raum steht.

SPD profitiert von Russland-Nähe

2015 trafen sich Putin und Gabriel.

2015 trafen sich Putin und Gabriel.

(Foto: dpa)

In der SPD bringt dies ohnehin niemanden in Wallung. Gute Beziehungen nach Russland gehören für viele Genossen zur DNA der Partei. Die Sozialdemokraten haben zudem mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder (Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Gazprom-Tochter Nord Stream) und Ex-Parteichef Matthias Platzeck (Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums) besonders gute Drähte nach Russland. Und die Union ist nach den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin viel zu sehr mit sich beschäftigt. CDU und CSU fetzen sich nach den AfD-Erfolgen über den Kurs in der Flüchtlingspolitik. Gabriel steigt gestärkt in das Flugzeug nach Moskau (die Krise bei der angeschlagenen Supermarktkette Kaiser's Tengelmann einmal ausgeklammert). In Mecklenburg-Vorpommern und Berlin stellt die SPD weiter den Regierungschef, und auf einem Ceta-Konvent folgt die Partei zu Wochenbeginn dem Kurs ihres Vorsitzenden.

Noch stärker in Feierlaune ist aber der Kremlchef. Stark wie nie geht er trotz tiefer Rezession aus der Parlamentswahl vom Wochenende hervor. Die Kremlpartei Geeintes Russland kann mit ihrer Dreiviertelmehrheit künftig praktisch widerstandslos durchregieren. Da freut es die Kremlstrategen, dass als erster ausländischer Gast nach dem Wahltriumph mit Gabriel ein Kritiker der EU-Sanktionen gegen Russland nach Moskau reist. Im Gepäck dürfte er viele gute Vorschläge für den lahmenden deutsch-russischen Handel haben, der unter den Strafmaßnahmen leidet.

Gespräche über Lockerung der Sanktionen sind wahrscheinlich

Putin empfängt gerne Sanktionskritiker. Erst im Februar hatte ein Treffen mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer im Kremlpalast für Aufsehen und viel Kritik gesorgt. Schon im Oktober wollte der CSU-Chef erneut mit einer großen Wirtschaftsdelegation die Metropole am Moskwa-Fluss besuchen und mit Putin beraten. Doch Seehofer verschob die Reise zwei Tage nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern.

Russische Experten erwarten durchaus, dass Gabriel mit der Moskauer Führung über Möglichkeiten für eine teilweise Lockerung der Sanktionen sprechen wird. "Aber ich rechne nicht mit einem Durchbruch, denn diese Entscheidungen müssen auf höherer Ebene getroffen werden", sagt der Analyst Michail Arestakessjan einem russischen Wirtschaftsportal.

Deutschland hat Interesse an Bahn-Projekt in Russland

Zwar gehen Beobachter nicht von spektakulären Vertragsabschlüssen bei Gabriels Verhandlungen mit der Moskauer Machtzentrale aus. Doch könnten spannende Projekte besprochen werden, wie der geplante Bau einer Hochgeschwindigkeits-Bahntrasse zwischen Moskau und der Millionenstadt Kasan rund 700 Kilometer östlich der Hauptstadt. Zuletzt hatten chinesische Unternehmen um das Projekt geworben, doch auch deutsche Wettbewerber haben großes Interesse.

Sollte ein Treffen mit Putin zustandekommen, dürften aber auch die Themen Syrien und Ukraine-Konflikt in den Vordergrund rücken. Während eine Initiative für einen Waffenstillstand in Syrien nur noch auf dem Papier besteht, erweist sich eine seit knapp einer Woche geltende Feuerpause in der Ostukraine als stabiler. Im Oktober soll es - so die Hoffnung - ein Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Ukraine, Russlands, Frankreichs und Deutschlands in Berlin geben.

Quelle: ntv.de, Thomas Körbel und Sebastian Engel, dpa

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