Politik

Gauck hofft auf Taurus-Lieferung "Angst macht kleine Augen"

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Gauck beim Trauerstaatsakt für Wolfgang Schäuble im deutschen Bundestag.

Gauck beim Trauerstaatsakt für Wolfgang Schäuble im deutschen Bundestag.

(Foto: picture alliance/dpa)

Während Altkanzler Schröder die defensive Russland-Politik von Scholz lobt, bekommt der Sozialdemokrat von Altbundespräsident Gauck keine Rückendeckung. In der Taurus-Frage agiere der Kanzler von Angst getrieben. Das passe zur deutschen Seele, aber helfe nicht gegen den Aggressor.

Altbundespräsident Joachim Gauck befürchtet anders als Bundeskanzler Olaf Scholz bei einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die von Russland überfallene Ukraine keine deutsche Kriegsbeteiligung und warnt vor zu großer Ängstlichkeit. "Eine Kriegsbeteiligung durch Taurus sehe ich nicht. Relevante Völkerrechtler und Militärexperten auch nicht", sagte Gauck dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Aber der SPD-Politiker habe nun einmal die Richtlinienkompetenz. "Ich hege die Hoffnung, dass er seine Meinung noch ändert, wie seinerzeit vor der Lieferung der Panzer, obwohl er das derzeit ausschließt."

Der russische Präsident Wladimir Putin "weiß, dass sich viele Deutsche schneller fürchten als etwa Polen und Franzosen", sagt Gauck. Diese Neigung nutze er aus. "Die Furcht ist ein Helfer des Aggressors. Mein Appell ist, sich nicht zu früh zu fürchten, etwa vor der Drohung Putins mit Atomwaffen." Damit könne Putin einen Teil der deutschen Seele schnell beeindrucken. "Aber Angst macht kleine Augen und legt nahe, zu flüchten, obwohl man standhalten könnte." Eingeschränkt durch Angst sehe man keine Lösungsmöglichkeiten mehr.

Den Vorstoß von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, über ein "Einfrieren" des Krieges zu sprechen, hält Gauck für problematisch. Das werde Putins Gefährlichkeit nicht gerecht. "Wer ein aggressives Gegenüber nur durch die Brille eigener guter Absichten betrachtet, kann leicht einen Realitätsverlust erleiden. Man bewertet die Feindschaft des Kriegsbrandstifters nicht exakt genug." Ein Einfrieren brächte Gewinne für Putin, er behielte erobertes Land, könnte in Ruhe aufrüsten "und dann wieder zuschlagen".

"Pistorius hat wichtige Botschaft"

Auch Deutschland müsse bereit sein, "die Freiheit und damit den Frieden glaubwürdig zu verteidigen". Der sozialdemokratische Verteidigungsminister Boris Pistorius habe eine wichtige Botschaft mit seiner Forderung gesetzt, dass Deutschland wieder kriegstüchtig werden müsse. Gauck betonte: "Kriegstüchtig heißt nicht kriegssüchtig."

Erst am Dienstag war ein Brief von fünf renommierten, SPD-nahen Historikern an die Partei öffentlich geworden, der den aktuellen Kurs von Kanzler und Partei im Umgang mit Russland ebenfalls scharf kritisiert. Scholz lasse die "nötige Klarheit und unzweideutige Solidarität vermissen", wenn es darum gehe, dass die Ukraine den Krieg nicht verlieren dürfe. In der Frage von Waffenlieferungen seien die von Kanzler, Fraktions- und Parteispitzen vorgetragenen Begründungen "immer wieder willkürlich, erratisch und nicht selten faktisch falsch", hieß es in dem Brief. Altbundeskanzler Gerhard Schröder hatte Scholz' Russlandpolitik dagegen gelobt.

Quelle: ntv.de, mau

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