Enttarnte rechte Terrorgruppe Generalbundesanwalt erhebt Anklage gegen "Letzte Verteidigungswelle"

Unter dem Namen "Letzte Verteidigungswelle" planen und begehen acht junge Männer Anschläge auf Migranten. Recherchen von "Stern" und RTL bringen die Ermittler auf die Spur der Gruppe. Nun erhebt der Generalbundesanwalt Anklage gegen acht Beschuldigte.
Der Generalbundesanwalt hat Anklage gegen sieben Mitglieder und einen Unterstützer der mutmaßlichen rechtsextremistischen Jugend-Terrorzelle "Letzte Verteidigungswelle" (L.V.W.) erhoben. Eine Sprecherin der Behörde bestätigte auf Anfrage entsprechende Informationen.
Mehrere Aktivitäten der Gruppe, darunter begangene oder geplante mutmaßliche Anschläge auf Asylsuchende, waren im April durch eine gemeinsame Undercover-Recherche von "Stern" und RTL aufgedeckt worden. Der Generalbundesanwalt wirft nun acht jungen Männern im Alter zwischen 15 und 21 Jahren unter anderem Mitgliedschaft und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor. Zudem lautet die Anklage auf versuchten Mord, Verabredung zum Mord und gefährliche Körperverletzung.
Im Mittelpunkt der Anklageschrift stehen ein Brandanschlag auf ein Kulturzentrum im brandenburgischen Altdöbern im Oktober 2024 sowie ein Angriff mit Feuerwerkskörpern auf ein Flüchtlingsheim in Schmölln, Thüringen, Anfang dieses Jahres. Beide Taten wertet der Generalbundesanwalt als versuchten Mord. Zwei mutmaßliche Mitglieder der Gruppe sollen das Kulturhaus in Brandenburg angezündet haben, das fast vollständig niederbrannte. Die Betreiber, die im Haus schliefen, kamen laut Ermittlern nur durch Zufall nicht zu Schaden. Zwei weitere Jugendliche sollen ihnen geholfen haben.
Reporter beobachten Kugelbombenkauf
Auch den Brandanschlag auf die Asylbewerberunterkunft in Thüringen wertet die Bundesanwaltschaft als versuchten Mord. Zwei mutmaßliche L.V.W.-Mitglieder sollen die Scheibe der Unterkunft eingeschlagen und dann versucht haben, mit einer Feuerwerksbatterie hineinzuschießen. Ein Feuer brach aber nicht aus.
Darüber hinaus sollen drei Mitglieder der Gruppe geplant haben, eine Asylunterkunft in Senftenberg, Brandenburg, mit Pyrotechnik anzugreifen. Der mutmaßliche Tatplan war den Behörden erst durch die Recherchen von "Stern" und RTL bekannt geworden. Ein Reporterteam des Formats "Stern Investigativ", "Stern" und RTL hatte über ein halbes Jahr lang in rechten Chatgruppen recherchiert - und miterlebt, wie der damals 21-jährige Devin K. in Tschechien zwei Kugelbomben kaufte. Die jungen Rechtsextremisten planten offenbar, mit den Sprengkörpern eine Asylbewerberunterkunft im brandenburgischen Senftenberg anzugreifen. "Es muss wenigstens einen Toten geben", hatte einer in der Chatgruppe der L.V.W. geschrieben.
Das Rechercheteam informierte im Februar die Polizei über die mutmaßlichen Anschlagspläne. Daraufhin wurde Devin K. von einem Spezialeinsatzkommando festgenommen. Die Ermittler fanden die Pyrotechnik in seiner Gartenlaube im Landkreis Meißen.
Tödliche Agenda
Ziel der Gruppe war es demnach, die Regierung zu stürzen und ein nationalsozialistisches Deutschland zu errichten. Dafür habe man ein Hauptquartier in Mecklenburg-Vorpommern errichten wollen, dazu ein Waffenlager. Geplant war offenbar auch, Mitglieder in anderen Ländern wie Polen, Norwegen und Frankreich zu rekrutieren. Zukünftige Mitgliedsbeiträge wollte man unter anderem für die Beschaffung von Munition und Sprengstoff verwenden. Nach Erkenntnissen von Ermittlern, soll die L.V.W. auch mit anderen Neonazi-Gruppen wie der "Deutschen Jugend Voran" (DJV) sowie "Jung und Stark" (JS) in Kontakt gestanden haben.
Die Anklage ist demnach vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Hamburg erhoben worden. Sieben der acht Beschuldigten sitzen bis heute in Untersuchungshaft.