Reaktion nach Ukraine-Vorstoß Georgien beantragt "sofort" EU-Mitgliedschaft
02.03.2022, 21:42 Uhr
Demonstranten gegen den Ukraine-Krieg halten in Georgien ihre Landesfahne in die Luft.
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
Das EU-Parlament spricht sich dafür aus, der Ukraine den Status eines Beitrittskandidaten zuzuerkennen. In Georgien wertet man das als positives Zeichen. Die Regierungspartei kündigt an, die EU-Mitgliedschaft zu beantragen - und legt damit eine Kehrtwende hin.
Georgien wird nach Angaben der Regierungspartei Georgischer Traum "sofort" die EU-Mitgliedschaft beantragen. Georgien fordere die Europäische Union auf, den Aufnahmeantrag "dringend" zu prüfen und "die Entscheidung zu treffen, Georgien den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu verleihen", sagte Parteichef Irakli Kobachidse bei einer Pressekonferenz. Dies sei eine politische Entscheidung der Partei "unter Berücksichtigung des allgemeinen politischen Kontexts und der neuen Realität", sagte er dem Online-Portal "civil.ge" zufolge. Der Antrag werde am Donnerstag im Namen der Regierung in Brüssel übergeben.
Der Ankündigung Georgiens war die erneute Forderung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach einer EU-Mitgliedschaft für sein Land vorausgegangen. Das EU-Parlament hatte sich am Dienstag nach einer Sondersitzung in Brüssel dafür ausgesprochen, der Ukraine den Status als Beitrittskandidat zuzuerkennen. Die Empfehlung des Parlaments an die EU-Institutionen ist nicht bindend.
Mit der Ankündigung legt Kobachidse eine Kehrtwende hin. Am Dienstag hatte er darauf beharrt, Georgien wolle erst 2024 einen solchen Antrag stellen, weil "eine übereilte Initiative kontraproduktiv" sein könnte. Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte Kobachidse zudem der Regierung in Kiew die Unterstützung Georgiens versichert.
Verhältnis zu Moskau angespannt
An den von der EU, den USA und vielen anderen Staaten erlassenen Sanktionen will sich die Ex-Sowjetrepublik aber nicht beteiligen. Das Verhältnis zwischen den Regierungen in Tiflis (Tbilissi) und Moskau ist spätestens seit dem Kaukasuskrieg 2008 angespannt. Die Annäherung Georgiens an den Westen ist Russland seit Langem ein Dorn im Auge.
In weiten Teilen der politischen Landschaft Georgiens wurde das Votum des EU-Parlaments zugunsten der Ukraine als ermutigend bewertet. Das Ziel, Mitglied der EU zu werden, ist in der georgischen Verfassung festgeschrieben. Wie die Ukraine hat auch Georgien ein Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnet.
Ein Beitritt zur Union der derzeit 27 Staaten ist in der Regel enorm kompliziert und langwierig. Grundsätzlich kann nach Artikel 49 des EU-Vertrags jeder europäische Staat die Aufnahme beantragen, sofern er vorgegebene EU-Grundwerte wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit achtet. Praktisch muss zuvor aber etwa EU-Recht in nationales Recht umgesetzt werden. Selbst für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gelten strenge Anforderungen. Derzeit gibt es schon fünf Kandidaten: Serbien, Albanien, Montenegro, Nordmazedonien und die Türkei. Deren Beitrittsverhandlungen kommen seit mehr als 20 Jahren nicht vom Fleck.
Quelle: ntv.de, chf/dpa/AFP