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Umstrittenes Gesetz soll kommen Georgiens Regierung setzt EU-Kurs aufs Spiel

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Gerade junge Menschen in Georgien hoffen auf einen künftigen EU-Beitritt des Landes. Die Regierungspartei scheint sich eher an Russland orientieren zu wollen.

Gerade junge Menschen in Georgien hoffen auf einen künftigen EU-Beitritt des Landes. Die Regierungspartei scheint sich eher an Russland orientieren zu wollen.

(Foto: dpa)

Ein Gesetzesvorhaben der georgischen Regierung wird für das Land zur Zerreißprobe: Zehntausende Georgier wehren sich mit Großkundgebungen gegen die Pläne, die eine verschärfte Kontrolle über die Zivilgesellschaft ermöglichen sollen. Das Vorhaben könnte den EU-Beitritt gefährden.

Begleitet von Protesten hat das georgische Parlament mit der Verabschiedung eines umstrittenen Gesetzes begonnen, das ausländischen Einfluss auf die Zivilgesellschaft beschneiden soll. Der Justizausschuss brauchte am Montagabend nur knapp zwei Minuten, um den Entwurf in dritter Lesung durchzuwinken. Heute steht die endgültige Abstimmung im Plenum mit allen Abgeordneten an.

Ministerpräsident Irakli Kobachidse sagte vor Journalisten, das Gesetz werde auf jeden Fall verabschiedet. Über Änderungen werde sich erst reden lassen, wenn Staatspräsidentin Salome Surabischwili wie erwartet ihr Veto einlege und das Gesetz wieder ins Parlament komme. Surabischwili forderte erneut, das Vorhaben komplett zu kassieren.

Die Regierungsmehrheit der Partei Georgischer Traum begründet das Gesetz damit, dass Transparenz über ausländische Finanzhilfen für Nichtregierungsorganisationen herrschen müsse. Zehntausende Gegner aber fürchten, dass das Gesetz wie in Russland kritische Organisationen mundtot machen soll. Mit dem autoritären Kurs von Georgischer Traum sehen sie auch den angestrebten EU-Beitritt der Ex-Sowjetrepublik im Südkaukasus in Gefahr. Aus Brüssel ist mehrfach gefordert worden, dass die Regierung das Gesetz zurückziehen soll.

SPD-Außenpolitiker Roth: Regierung würde EU-Beitritt opfern

Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth, der derzeit mit Abgeordneten aus anderen Ländern in Georgien die Auseinandersetzung um das Gesetz zu beobachtet, fordert eine klare Reaktion der EU gegen die georgische Führung. Seinem Eindruck nach sei die Regierung nicht mehr gesprächsbereit, sagte Roth in Tiflis. Der Georgische Traum habe bislang eine Schaukelpolitik zwischen Russland und der EU betrieben. Wenn EU-Beitrittsverhandlungen näherrückten, müsse die Regierung aber Reformen für mehr Rechtsstaatlichkeit und Freiheit einleiten. "Offenbar hat man vor diesem Weg Angst und ist auch bereit, dafür einen hohen Preis zu zahlen", sagte Roth.

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"Trotz massiver Einschüchterungsversuche gehen die Leute in großer Zahl auf die Straße und sagen Nein zu dieser Russifizierung", so Roth weiter. Auch in der Nacht zum Montag hatten sich Tausende Demonstranten in Tiflis am Parlament versammelt. Morgens vor Sitzungsbeginn drängte die Polizei sie mit Gewalt ab. Nach Polizeiangaben gab es etwa 20 Festnahmen. Auch heute Nacht formierte sich Protest.

Georgien liegt an der Südgrenze Russlands und damit an einer wichtigen weltpolitischen Frontlinie. Eine Bevölkerungsmehrheit möchte sich von Russland lösen; der angestrebte Beitritt zu EU und NATO steht in der Verfassung. Gleichzeitig kontrolliert Moskau die zwei abtrünnigen georgischen Gebiete Südossetien und Abchasien, die es als unabhängige Staaten anerkannt hat. Der Georgische Traum mit dem undurchsichtigen Milliardär Bidsina Iwanischwili als starkem Mann verficht enge Beziehungen zu Moskau.

Quelle: ntv.de, ino/dpa

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