Politik

Widerstand in den eigenen Reihen Tsipras muss um Reform-Zustimmung bangen

Geister-Stimmen im Parlament: Tsipras muss sich für eine Zustimmung strecken.

Geister-Stimmen im Parlament: Tsipras muss sich für eine Zustimmung strecken.

(Foto: REUTERS)

Nach Monaten des Hinhaltens hat Athen diskussionswürdige Vorschläge zur Bewältigung der Krisen vorgelegt. Doch das Paket muss auch durch das griechische Parlament. Dessen Zustimmung aber ist unsicher - wie vielleicht auch Tsipras Amtsverbleib.

Programmhinweis

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Der von Athen vorgelegte Kompromiss zur Lösung der Schuldenkrise stößt in Teilen der Regierungspartei Syriza auf Ablehung. So ist der Abgeordnete Vassilis Chatzilamprou nach eigener Aussage nicht in der Stimmung, sich einem Machtwort des Regierungschefs Alexis Tsipras zu beugen. "Wir können keine strikten rezessionären Maßnahmen akzeptieren", warnte Chatzilamprou erst jüngst auf einer Veranstaltung der extremen Linken. "Die Menschen haben ihre Grenzen erreicht."

Vize-Parlamentssprecher Alexis Mitropoulos, der die regierende Syriza-Partei vertritt, sagte, viele Abgeordnete könnten der Vorschlagsliste von Regierungschef Alexis Tsipras die Unterstützung verweigern. "Ich glaube, dieses Programm (...) wird Schwierigkeiten haben, bei uns durchzukommen."

Ex-Außenminister Dimitris Droutsas erklärte: "Das wird keine leichte Aufgabe sein für Herrn Tsipras." Einige Syriza-Abgeordnete hätten bereits Widerstand angekündigt. Tsipras könne seinen Versprechen aus dem Wahlkampf nicht mehr nachkommen, einige Bürger würden bereits von Lügen sprechen. Das Sparpaket sei das Gegenteil seiner Versprechen, sagte der Pasok-Politiker im Deutschlandfunk. "Jetzt steht er eben da, quasi wie der König ganz nackt ohne Kleidung."

Grundsätzlich begrüßte er die Annäherung im Schuldenstreit. "Es gibt einen Hoffnungsschimmer, dass wir die Katastrophe abwenden können", sagte er. Teilweise sei aber auch eine sehr große Skepsis zu spüren. "Es geht um sehr, sehr harte Maßnahmen. Es geht um Einsparungen von knapp acht Milliarden Euro in den nächsten eineinhalb Jahren."

Syriza ist Sammelbecken für Splittergruppen

Syriza ist keine traditionelle Partei, sondern eine Koalition aus mehreren linksorientierten Gruppen, die sich wegen abweichender ideologischer Meinungen von anderen Linksparteien absplitterten. Chatzilamprou beispielsweise ist Mitglied einer kommunistischen Organisation in Griechenland, die aus einer marxistisch-leninistischen Organisation hervorging. Diese Splitterfraktionen in seiner eigenen Partei müsste Tsipras noch von einem potenziellen Rettungs- und Sparprogramm der internationalen Geldgeber überzeugen.

"Die Menschen, die mit den Geldgebern verhandeln, bewegen sich in einem Rahmen, der ihnen vom Zentralkomitee der Partei vorgegeben ist", erläutert der langjährige Gewerkschaftsvertreter Alekos Kalyvis. Die Verhandlungsführer hätten einige Spielräume für Entscheidungen. "Aber das darf nicht so interpretiert werden, als dass sie einen Blankoscheck von der Partei bekommen - weder sie noch Tsipras haben den."

Viele der Syriza-Gruppierungen sehen den Aufstieg ihrer Partei als epochalen Moment für die Linke des Landes. Jeglicher Kompromiss bei dem Rettungsprogramm wäre ein Verrat an deren Prinzipien. Deutschland und die anderen Gebernationen seien darauf gepolt, Syriza zu besiegen, mutmaßt der Syriza-Abgeordnete Stathis Leoutsakos.

Wo liegt die Schmerzgrenze?

Völlig offen ist, wo die Schmerzgrenze für den linken Flügel von Syriza liegt. Leoutsakos besteht - wie viele andere Radikallinke auch - darauf, dass zumindest ein Teil von Griechenlands Schulden erlassen werden muss. "Um diese Kredite zu bedienen, müssten wir das griechische Volk exekutieren."

Unsicher ist sogar Tsipras' Zukunft als Premierminister, falls er einem Kompromiss zustimmt. Jeder griechische Politiker ist sich des Schicksals der früheren griechischen Premierminister George Papandreou und Antonis Samaras nur zu bewusst. Beide unterzeichneten mit dem Rest Europas Rettungsabkommen - und verloren ihre Posten. Papandreous Partei wurde in der Folge an der Wahlurne praktisch ausgelöscht.

Seine linken Prinzipien aufzugeben wäre politischer Selbstmord für Tsipras, warnt Chatzilamprou. "Er würde damit auch austauschbar. Jederzeit ließe er sich durch jemand anders ersetzen." Für Tsipras geht es um alles.

Quelle: ntv.de, jwu/DJ/rts

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