Politik

"Nötigung, Gewalt gehen nicht" Habeck-Blockade ist für Bauernverband "No-Go"

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
HabeckFähre.JPG

Eine Gruppe von Bauern versucht, ein Schiff zu stürmen, auf dem sich der Wirtschaftsminister befindet. Der Deutsche Bauernverband verurteilt die Aktion. Diese überschreite eine Grenze, heißt es. Für die kommende Woche sind trotzdem bundesweit Proteste von Bauern geplant - auch mit Straßenblockaden.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat die Blockade einer Fähre mit Vizekanzler Robert Habeck an Bord verurteilt und sich von dem Vorgang distanziert. "Persönliche Angriffe, Beleidigungen, Bedrohungen, Nötigung oder Gewalt gehen gar nicht", sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied laut Mitteilung. "Blockaden dieser Art sind ein No-Go." Bei allem Unmut über die Steuerpläne des Bundes respektiere sein Verband selbstverständlich die Privatsphäre von Politikern, betont er. "Wir sind ein Verband, der die demokratischen Gepflogenheiten wahrt." Ähnlich äußerte sich auch DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken im WDR: "Das geht gar nicht, das ist eine Grenzüberschreitung, eine Verletzung der Privatsphäre."

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte die deutschen Landwirte zuvor aufgefordert, sich klar von den Vorfällen zu distanzieren. Der Grünen-Politiker bezeichnete die Teilnehmer der Blockade als "Fanatiker" und "Radikalinskis" mit Umsturzfantasien, denen es nicht um die deutsche Landwirtschaft gehe.

"Bedrohen von Politikern hilft unseren Forderungen nicht"

Auch der schleswig-holsteinische Bauernverband distanzierte sich von dem Vorgehen der Bauern am Fähranleger. "Wir haben bereits im Vorwege unserer Aktionen klargemacht, dass wir keine Blockadeaktionen planen und unterstützen und Rechtsbrüche und Aufrufe dazu klar ablehnen", sagte Präsident Klaus-Peter Lucht. "Das Bedrängen und Bedrohen von Politikern untergräbt den demokratischen Diskurs und hilft uns bei der Durchsetzung unserer berechtigten Forderungen nicht." Gewalt dürfe kein Mittel in der politischen Auseinandersetzung sein.

Traktoren und Lkws sind auf dem Weg zum Fähranleger in Schlüttsiel.

Traktoren und Lkws sind auf dem Weg zum Fähranleger in Schlüttsiel.

(Foto: picture alliance/dpa/WestküstenNews)

Am Donnerstagabend hatten Bauern nach Polizeiangaben einen Fähranleger in Schleswig-Holstein blockiert und Habeck am Verlassen eines Schiffes gehindert. Nach Polizeiangaben beteiligten sich etwa hundert Personen an der Blockade des Anlegers in Schlüttsiel. Der Grünen-Politiker habe sich entschieden, auf der Fähre zu bleiben und zurück Richtung Hallig Hooge zu fahren, sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur AFP. 25 bis 30 Menschen hätten dann noch versucht, die Fähre am Ablegen zu hindern. Die Bundesregierung kritisierte die Aktion scharf. Auf einem Video ist zudem zu sehen, wie mehrere Personen versuchen, die Fähre zu stürmen. Wie die Flensburger Polizei mitteilte, erreichte Habeck das Festland in der Nacht mit einer Extra-Fähre.

Bauern planen bundesweit Sternfahrten

Die Wut der Bauern hatte sich an der geplanten Streichung von Subventionen für die Landwirtschaft entzündet, welche die Bundesregierung mittlerweile teilweise wieder zurückgenommen hat. Der DBV hält dennoch an bundesweiten Protestaktionen in der kommenden Woche fest. Verbandspräsident Rukwied geht von einer starken Teilnahme an den Protesten aus - trotz der teilweisen Rücknahme der Kürzungspläne. "Ich rechne damit, dass Zehntausende Trecker zu unseren Sternfahrten in ganz Deutschland kommen werden", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Dass damit auch Verkehrsbeeinträchtigungen einhergehen, versteht sich von selbst."

Der Verband fordert "die komplette Rücknahme dieser Steuererhöhungen ohne Wenn und Aber". Die Landwirte seien unzufrieden und frustriert, weil sie den Eindruck hätten, "in Deutschland wird Landwirtschaftspolitik aus einer weltfremden, städtischen Blase und gegen die Bauernfamilien und den ländlichen Raum gemacht", sagt Rukwied. Der Bauernverband hat vom 8. bis zum 15. Januar zu einer Aktionswoche gegen die Politik der Bundesregierung aufgerufen. Am Montag, den 15. Januar, ist eine Großdemonstration in Berlin geplant. Krüsken betonte, dass Protest zu den demokratischen Gepflogenheiten gehöre. Aber Grenzüberschreitungen wie in Schleswig-Holstein "akzeptieren wir auch nicht".

Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul, warnte die Bauern vor überzogenen Aktionen. "Nicht jede Protestform nützt der Sache. Das gilt für Klebeaktionen wie für Traktorensperren", sagte der CDU-Politiker der "Rheinischen Post". "Wer über die Stränge schlägt, muss mit Konsequenzen rechnen." Die Landwirte dürften die eigenen Interessen nicht über die öffentliche Ordnung stellen.

Erzgebirgskreis verbietet Spontanversammlungen

Mehr zum Thema

In Zusammenhang mit der Aktionswoche hat der Landkreis Erzgebirgskreis "Spontanversammlungen", die auf Straßenblockaden abzielen, verboten. Das Landratsamt erließ dazu eine Allgemeinverfügung. In sozialen Netzwerken hätten zahlreiche Aufrufe zu solchen Aktionen kursiert, wonach auch das Nebenstraßennetz massiv blockiert werden soll, erklärt der Landkreis. Dies gefährde die öffentliche Sicherheit und Ordnung.

Für den kommenden Montag seien zudem 31 Versammlungsanzeigen eingereicht worden. Davon seien 24 Versammlungen verboten worden, da diese Versammlungen an wichtigen Verkehrspunkten dazu führen könnten, dass zum Beispiel Rettungskräfte nicht rechtzeitig zu einem Einsatzort gelangen, heißt es. "Aus Sicht der Versammlungsbehörde würde durch die für viele Stunden, teilweise über mehrere Tage (teils bis 15.01.2024) beantragte Blockade zahlreicher Kreuzungspunkte entlang der für den überregionalen Verkehr besonders bedeutsamen Bundes-, Staats- und Kreisstraßen das öffentliche Leben im Erzgebirgskreis praktisch zum Erliegen kommen."

Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen