Plädoyer für "großes Sonneberg" Höcke-Vertrauter Krah ist AfD-Spitzenkandidat für Europawahl
29.07.2023, 15:19 Uhr Artikel anhören
Krah nach der Verkündung des Ergebnisses der Wahl zum AfD-Spitzenkandidaten
(Foto: dpa)
Er vertritt das äußerst rechte Lager der AfD und unterhält enge Kontakte zum Thüringer Landeschef Björn Höcke: Nun zieht der promovierte Rechtsanwalt Krah für seine Partei in den Europawahlkampf 2024. In seiner Bewerbungsrede macht er klar, wofür er steht.
Die AfD zieht mit dem umstrittenen sächsischen Politiker Maximilian Krah als Spitzenkandidat in die Europawahl im kommenden Jahr. Die Delegierten des Magdeburger Parteitags wählten den 46-Jährigen mit großer Mehrheit auf Platz eins der Kandidatenliste. Auf ihn entfielen 65,7 Prozent der Stimmen; sein einziger Gegenkandidat, der Berliner AfD-Kommunalpolitiker Andreas Otti, bekam 25,2 Prozent.
Krah setzte in seiner Bewerbungsrede stark auf das Thema Patriotismus. "Wir wollen ganz Deutschland zu einem großen Sonneberg machen", sagte er mit Blick auf den ersten Landratsposten für die AfD, den sie im Juni in dem thüringischen Landkreis errungen hatte. Die AfD habe "endlich was zu sagen", sie sei die "spannendste Rechtspartei in ganz Europa".
Er rechnete zugleich mit seinen parteiinternen Widersachern ab und rief die Delegierten auf, sie sollten "heute endlich mal den Dreckwerfern die rote Karte zeigen". Seine siebenminütige Rede wurde mit frenetischem Applaus bedacht.
Krah ist seit 2019 EU-Abgeordneter, zudem ist er Mitglied des AfD-Bundesvorstands. Bis 2016 war er Mitglied der CDU. Der promovierte Rechtsanwalt vertritt das äußerst rechte Lager der AfD, er unterhält enge Kontakte zu AfD-Chef Tino Chrupalla und dem Thüringer Landeschef Björn Höcke. Das Verhältnis zu Ko-Parteichefin Alice Weidel gilt als distanziert.
Vorwurf der Manipulation
Anfang Februar war Krah vorübergehend von der ID-Fraktion im Europaparlament, der die AfD gehört, ausgeschlossen worden. Ihm wurde vorgeworfen, die Vergabe eines PR-Auftrags manipuliert zu haben. Nach eigenen Angaben endet die Suspendierung am 7. August. Bereits 2022 war er für sechs Monate suspendiert worden, weil er im französischen Präsidentschaftswahlkampf nicht die französischen Rechtspopulisten um Marine Le Pen unterstützt hatte, sondern deren rechtsextremen Konkurrenten Eric Zemmour.
Als Rechtsanwalt hatte Krah unter anderem für Aufsehen gesorgt, als er einen als "Hutbürger" bekannt gewordenen Pegida-Demonstranten vertrat, der 2018 gegen ein ZDF-Kamerateam gepöbelt hatte. Ab 2008 hatte er sich im Auftrag der erzkonservativen katholischen Piusbruderschaft um eine millionenschwere Vermögenstransaktion gekümmert. Auch in der Affäre um den britischen Geistlichen Richard Williamson, einen Bischof der Priestervereinigung, war Krah als Anwalt aktiv. Im Verlag des rechtsextremen Verlegers Götz Kubitschek erschien kürzlich ein Buch Krahs mit dem Titel "Politik von rechts. Ein Manifest".
An diesem Wochenende wollen die rund 600 Delegierten der AfD noch weitere Plätze auf der Liste besetzen. Aus Parteikreisen hieß es, es könne bis zu 150 Bewerbungen geben. Bundesvorstandsmitglied Mariana Harder-Kühnel sagte, Ziel sei es, mindestens 30 Kandidaten zu wählen. Entgegen der ursprünglichen Planung wurde zuerst mit der Aufstellung der Kandidaten für die Europawahl begonnen. Das Wahlprogramm soll erst hinterher beschlossen werden. Es wird erwartet, dass sich die Wahl der Kandidaten über mehrere Tage erstrecken wird. Am Sonntag wird die Versammlung unterbrochen, um dann am kommenden Freitag fortgesetzt zu werden.
Höcke: "Diese EU muss sterben"
Am Freitag hatte Weidel beim Bundesparteitag in einer Debatte zum Beitritt der AfD-Delegation zur europäischen Partei "Identität und Demokratie" mit dafür gesorgt, dass ein Antrag von Befürwortern eines Austritts Deutschlands aus der EU abgelehnt wurde. An diesem Samstag sagte sie, die EU sei zutiefst undemokratisch und übergriffig, sie greife in private Lebensgestaltung und in Unternehmensgestaltung ein.
Der thüringische AfD-Vorsitzende Björn Höcke forderte am Rande der Versammlung die Abschaffung der Europäischen Union in ihrer jetzigen Form. "Es gibt viele Gründe, die EU abzulehnen, sie bringt Europa nicht weiter", sagte der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch bezeichnete Politiker im Phoenix-Interview. "Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann." Höcke plädierte für einen neuen europäischen Staatenbund.
Rund 2000 Menschen demonstrierten unterdessen an diesem Samstag in Magdeburg gegen die AfD. Die von einem zivilgesellschaftlichen Bündnis organisierte Kundgebung zog am Mittag vom Hauptbahnhof der Stadt in Richtung Messegelände, wo die AfD ihren Europaparteitag. Die Demonstranten skandierten "Nazis raus" und trugen Banner mit Aufschriften wie "Solidarität statt Hetze" und "Alle zusammen gegen den Faschismus". Die Organisatoren vom "Bündnis Solidarisches Magdeburg" sprachen von einem "starken Zeichen gegen die menschenverachtende Hetze und Politik der AfD".
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP