Kiew legt Bericht vor In russischen Raketen sollen deutsche Bauteile stecken
15.07.2023, 13:18 Uhr Artikel anhören
Ein russischer MiG-31-Jet trägt ein Hyperschallgeschoss Kh-47M2 Kinschal bei sich.
(Foto: AP)
In der Hyperschallrakete Kinschal oder im Marschflugkörper Iskander befinden sich Komponenten aus der Bundesrepublik. Das berichtet der ukrainische Sanktionsbeauftragte. Das Auswärtige Amt nehme die Informationen aus Kiew sehr ernst, heißt es in einem Bericht.
In russischen Raketen und Marschflugkörpern sind offenbar oft Komponenten aus Deutschland und anderen westlichen Staaten verbaut. Darauf hat Wladyslaw Wlasjuk hingewiesen, der Sanktionsbeauftragte des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. "Bei uns werden jeden Tag Menschen von Geschossen getötet", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). "Und sehr viele enthalten Bauteile aus westlichen Ländern."
Laut dem Bericht hat Wlasjuk am 13. Juni zusammen mit Außenminister Dmytro Kuleba und Wirtschaftsministerin Julija Swyrydenko westlichen Botschaftern in Kiew über diese Erkenntnisse berichtet. Demnach hat Russland die Produktion von ballistischen Raketen und Marschflugkörpern seit dem Überfall auf die Ukraine im Frühjahr 2022 verdoppelt. Von 512 im letzten Jahr auf mutmaßlich 1061 im Verlauf dieses Jahres. Das sei aus ukrainischer Sicht nur möglich, weil die westlichen Sanktionen gegen Moskau über Drittländer ausgehebelt würden.
In dem schriftlichen Briefing an die Botschafter werde aufgelistet, dass der Großteil, also 81 Prozent der geschmuggelten Geschossteile aus den USA stammten. Es folge die Schweiz mit acht Prozent. Deutschland und Japan stünden auf der Liste mit je 3,5 Prozent auf Platz drei. Komponenten aus Deutschland sollen dabei im Marschflugkörper Kh-101 sowie in den Varianten 9M728 und 9M729 des Marschflugkörpers Iskander stecken. Auch das Hyperschallgeschoss Kh-47M2 Kinschal soll deutsche Teile enthalten, heißt es. Nach Kiews Informationen seien Material und Dienstleistungen für diese Waffen von 16 deutschen Unternehmen gestellt worden. Dabei soll der Export insbesondere über China, aber auch über Zentralasien, den Kaukasus oder die Türkei, abgewickelt worden sein.
Geliefert wurden wohl Elektronik, Isoliermaterial oder Kunststoffe. Dem FAS-Bericht zufolge gibt es die Wahrscheinlichkeit, dass einige Betriebe gar nicht wüssten, wo ihre Produkte letztlich gelandet sind. Denn nach Darstellung der Ukrainer würden zur Sanktionsumgehung etliche Scheinunternehmen gegründet, die oft nur einen Tag existent seien.
Nach Informationen der FAS wird die Darstellung aus Kiew in Berlin nicht infrage gestellt. Im Auswärtigen Amt heißt es, man nehme die Berichte "unserer ukrainischen Kolleginnen und Kollegen über die Verwendung sanktionierter Bauteile in russischen Geschossen sehr ernst" und prüfe gründlich diese Informationen. Es sei allerdings möglich, dass diese Bauteile bereits vor dem Krieg und vor dem Wirksamwerden der deutschen Sanktionen geliefert wurden. Russland habe den Überfall auf die Ukraine lange vorbereitet, und es sei nicht auszuschließen, "dass schon vor dem Krieg Vorräte an kritischen Bauteilen angelegt worden sind", zitiert die FAS die Behörde. Sanktionswidrige Lieferungen wären "ein Fall für den Staatsanwalt".
Quelle: ntv.de, ysc