Welchen Preis zahlt die Ukraine? Insider: Putin offen für Feuerpausen-Verhandlungen mit Trump
20.11.2024, 10:33 Uhr Artikel anhören
Wer stoppt die Invasion des russischen Präsidenten Putin?
(Foto: picture alliance / NurPhoto)
Seit dem Sieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen wächst der Druck auf die Ukraine, einen Waffenstillstand mit Russland zu schließen. Der Kreml formuliert dafür konkrete und für Kiew schwer zu akzeptierende Bedingungen. Insidern zufolge soll es aber Verhandlungsspielraum geben.
Wladimir Putin ist Insidern zufolge offen für Gespräche mit dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump über eine Feuerpause in der Ukraine. Der russische Präsident kann sich demnach ein Einfrieren des Kriegs entlang der Frontlinien weitgehend vorstellen, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf fünf Insider berichtet, die mit den Überlegungen des Kremls vertraut sein sollen.
Angeblich soll laut den Insidern auch Verhandlungsspielraum über die genaue Aufteilung der vier östlichen Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson bestehen. Größere territoriale Zugeständnisse schließe Putin jedoch aus, heißt es. Der russische Staatschef soll zudem darauf bestehen, dass die Ukraine ihre NATO-Beitrittsambitionen aufgibt. Auch ein NATO-Beitritt der Ukraine oder die Anwesenheit von NATO-Truppen auf ukrainischem Boden würde Putin demnach nicht dulden. Für Gespräche über Sicherheitsgarantien für die Ukraine soll der russische Staatschef dagegen offen sein.
Der Bericht schließt an eine diplomatische Offensive an, die Bundeskanzler Olaf Scholz angeschoben hatte. Der deutsche Regierungschef telefonierte am vergangenen Freitag erstmals seit zwei Jahren mit Putin. Dem Kanzleramt zufolge wollte er die Möglichkeit von Verhandlungen ausloten, die zu einem "gerechten und dauerhaften Frieden" führen.
"Neue territoriale Realitäten"
Im Anschluss hatte sich der Kreml bereits offen für weitere Gespräche gezeigt, in einer Mitteilung aber auch konkrete Bedingungen diktiert: Demnach muss ein mögliches Abkommen zur Beendigung des Kriegs die "neuen territorialen Realitäten" widerspiegeln. Weiterhin müssten die Sicherheitsinteressen der Russischen Föderation berücksichtigt und der ukrainische Verlust der von Russland besetzten Gebiete offiziell anerkannt werden, wie es hieß.
Diese Darstellung hat Kremlsprecher Dmitri Peskow nach Bekanntwerden der Insider-Berichte nochmals bestätigt und Spekulationen über ein mögliches Einfrieren des Kriegs zurückgewiesen. "Der Präsident hat bereits davon gesprochen, dass ein Einfrieren dieses Konfliktes für uns keine Option ist", sagte Peskow bei einem Pressegespräch. Moskau wolle weiterhin seine Kriegsziele erreichen.
Überraschende Töne von Selenskyj
Die ukrainische Regierung lehnt die Aufgabe ihres Staatsgebiets bisher kategorisch ab. Nach dem Sieg von Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen wächst jedoch in Kiew und anderen europäischen Hauptstädten die Befürchtung, die USA könnten ihre militärische Unterstützung für die Ukraine in den kommenden Monaten deutlich zurückfahren. Die ukrainische Regierung wird deswegen vermehrt zu Gesprächen über einen Waffenstillstand und Zugeständnissen an Russland gedrängt. Im Wahlkampf hatte Trump angekündigt, dass er binnen 24 Stunden nach seiner Amtsübernahme einen Waffenstillstand verkünden werde.
Bei einer Rede im ukrainischen Parlament schlug der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj daher bereits überraschend defensive Töne an. "Vielleicht muss die Ukraine jemanden in Moskau überleben, um ihre Ziele zu erreichen und das gesamte Staatsgebiet wiederherzustellen", ließ er mit Blick auf Putins Lebenszeit die Tür offen für eine zeitweilige Aufgabe ukrainischer Gebiete.
Kritik an Scholz
Gleichzeitig stößt der diplomatische Vorstoß von Kanzler Scholz nicht überall auf Gegenliebe. Speziell die nordischen und baltischen Staaten halten es für einen Fehler, Putin Verhandlungen anzubieten. "Grundsätzlich bin ich nicht gegen irgendwelche Anrufe, aber das muss aus einer Position der Stärke kommen, nicht aus einer Position der Schwäche", sagte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis am Rande eines EU-Außenministertreffens.
Auch der estnische Regierungschef Kristen Michal hält das Telefonat für einen Fehler. "Mit diesem Gespräch wird kein Frieden erreicht", sagte er in einem Interview im estnischen Fernsehen. Eine positive Botschaft werde vielmehr dadurch erreicht, indem der Ukraine "mehr Hilfe, Unterstützung, Waffen" gibt, so der Ministerpräsident des an Russland grenzenden EU- und NATO-Landes.
Quelle: ntv.de, chr/rts