Tunnel mit Strom und Belüftung Israel: Versteck von Hamas-Führer zerstört
30.12.2023, 01:49 Uhr Artikel anhören
Unweit von Gaza-Stadt findet die israelische Armee ein Versteck des Hamas-Anführers Jihia Sinwar. Die in 20 Metern Tiefe gelegene Anlage war demnach komfortabel ausgestattet. In Chan Junis weitet die Armee indessen ihre Einsätze aus.
Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben eines der Verstecke des Hamas-Führers im Gazastreifen, Jihia Sinwar, entdeckt. Das Haus habe sich nahe der Stadt Gaza im nördlichen Teil des abgeriegelten Küstenstreifens befunden, teilte die Armee mit. Sinwar wird heute in Chan Junis im Südosten des Gazastreifens vermutet. Die Hamas-Hochburg ist derzeit zugleich ein Brennpunkt der gegenwärtigen Bodenoffensive Israels im Gazastreifen. Das Versteck sei zerstört worden.
Das Versteck bei der Stadt Gaza sei bereits "in den vergangenen Wochen" entdeckt worden, hieß es in der Mitteilung, in der die Armee erstmals darüber berichtete. Im Keller des Hauses seien die israelischen Soldaten auf einen Tunneleingang gestoßen. Dieser habe zu unterirdischen Gängen in einer Tiefe von 20 Metern und mit einer Länge von 218 Metern geführt. Der Tunnel verfügte den Angaben zufolge über Elektrizität, Belüftung und Kanalisation. Auch Gebets- und Ruheräumlichkeiten hätten dazugehört.
Die Anlage war für lange Aufenthalte ausgelegt, sie konnte auch als Kommandozentrale dienen. Nach eingehender Untersuchung des Tunnels zerstörte ihn demnach die damit befasste Militäreinheit. Von unabhängiger Seite konnten die Angaben zunächst nicht überprüft werden. Sinwar gilt als einer der Planer des Massakers, bei dem die Hamas und andere Organisationen am 7. Oktober in Israel rund 1200 Menschen getötet hatten. Das schlimmste Blutbad in der Geschichte Israels war der Auslöser des Gaza-Kriegs.
Israel verstärkt Einsätze in Chan Junis
Derweil weitet Israels Armee ihre Einsätze in der Gegend um die Stadt Chan Junis aus. Terrorzellen würden mithilfe von Artillerie-, Luft- und Panzertruppen "eliminiert", hieß es seitens der Armee. In Wohnungen von Mitgliedern der islamistischen Hamas hätten Einsatzkräfte zudem Sprengstoff gefunden. Mit Sprengsätzen versehene Gebäude seien zerstört worden. In der Gegend fanden Soldaten den Angaben nach auch etliche Tunnel und Waffen. Die Angaben des Militärs ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Bei israelischen Angriffen wurden nach Darstellung der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen, die der Hamas untersteht, innerhalb eines Tages 187 Menschen getötet. 312 Palästinenser seien zudem verletzt worden, teilte die Behörde mit. Die Zahl der insgesamt seit Kriegsbeginn im Gazastreifen getöteten Palästinenser stieg demnach auf 21.507. Zuletzt war die Zahl am Donnerstag mit 21.320 angegeben worden.
Den jüngsten Angaben zufolge wurden zudem 55.915 weitere Menschen im Gaza-Krieg verletzt. Die Zahlen lassen sich gegenwärtig nicht bestätigen, doch verweisen die UN und andere Beobachter darauf, dass sich die Zahlen der Behörde in der Vergangenheit als insgesamt glaubwürdig herausgestellt hätten. Vor dem Weltsicherheitsrat in New York betonte ein UN-Vertreter unterdessen, dass sich die humanitäre Situation trotz der vor einer Woche verabschiedeten UN-Resolution zur Verstärkung der Hilfe für den Gazastreifen weiter verschlechtert habe.
Südafrika verklagt Israel
Vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen wirft Südafrika Israel einen Völkermord an den Palästinensern im Gazastreifen vor. In der eingereichten Klage beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag wird zudem verlangt, dass Israel zur Einstellung seiner Angriffe in Gaza aufgefordert wird, teilte der IGH mit. Südafrika machte demnach geltend, die Handlungen der israelischen Streitkräfte hätten "einen völkermörderischen Charakter", da sie auf die Vernichtung der Palästinenser in diesem Gebiet abzielen würden.
Israel wies die Anschuldigung Südafrikas umgehend und entschieden zurück. "Die Klage Südafrikas entbehrt sowohl der faktischen als auch der juristischen Grundlage", hieß es von einem Sprecher des israelischen Außenministeriums auf X. Juristen in Den Haag gehen davon aus, dass es eine erste Anhörung zu den Forderungen Südafrikas innerhalb weniger Wochen geben könnte. Sollte der IGH danach ein entsprechendes Verfahren eröffnen, könnten allerdings noch Jahre bis zu einem Urteilsspruch vergehen.
Quelle: ntv.de, mdi/dpa