Gegenangriff mit Granaten? Israel meldet Raketenbeschuss aus dem Libanon
06.04.2023, 16:14 Uhr Artikel anhören
Vor dem Raketenbeschuss war es am Tempelberg in Jerusalem zu Zusammenstößen zwischen israelischen Polizisten und Palästinensern gekommen.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Die angespannte Lage an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon verschärft sich. Israelischen Angaben zufolge werden Raketen aus dem Libanon abgefeuert. Berichte über Gegenangriffe aus Israel werden vom Militär dementiert. "Bisher" gebe es keine Vergeltungsmaßnahmen.
Israel ist von mehreren Seiten mit Raketen aus dem Libanon angegriffen worden. Eine Rakete sei erfolgreich abgefangen worden, teilte das israelische Militär mit. Der israelischen Armee zufolge wurden Dutzende Raketen aus dem Libanon abgefeuert - zum ersten Mal seit mehr als anderthalb Jahrzehnten. Das nationale Abwehrsystem Iron Dome (Eiserner Dom) habe von insgesamt 34 Flugkörpern 25 abgefangen. Fünf Raketen seien auf israelischem Gebiet gelandet. Der Verbleib von vier weiteren werde geprüft. Israelischen Medienberichten zufolge war dies der heftigste Beschuss aus dem Libanon seit 2006.
Unklar ist bisher, welche Gruppierung hinter den Angriffen steht. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, dass es sich größtenteils um sogenannte Katjuscha-Raketen handelte, die vor allem von palästinensischen Gruppierungen verwendet werden. Dem israelischen Rettungsdienst Magen David Adom zufolge wurden im Norden des Landes mindestens zwei Menschen leicht verletzt. Ein 19-Jähriger erlitt demnach eine leichte Verletzung durch einen Granatsplitter. Eine 60-Jährige verletzte sich auf dem Weg zu einem Schutzraum. Andere hätten wegen Stresssymptomen behandelt werden müssen, hieß es weiter. In mehreren Orten waren Sirenen zu hören. Anwohner wurden angewiesen, Schutz zu suchen.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu berief für den Abend das Sicherheitskabinett ein. UN-Mission: "Lage sehr ernst" Libanesischen Berichten zufolge reagierte Israels Artillerie mit dem Beschuss von Zielen im Grenzgebiet. Berichte über Schäden und Verletzte lagen zunächst nicht vor. Die UN-Friedensmission Unifil forderte beide Seiten zu Deeskalation aus. "Die Lage ist sehr ernst", hieß es von der Organisation.
Libanesischen Angaben zufolge reagierte Israel mit Gegenangriffen auf den Raketenbeschuss. Die israelische Armee habe "mehrere Granaten von ihren Stellungen an der Grenze" auf den Südlibanon abgefeuert, teilte die libanesische Nachrichtenagentur ANI mit. Berichte über Tote oder Verletzte gibt es bisher nicht. Die israelische Armee wies die Vorwürfe zurück. Israel habe "bisher" keine Vergeltungsmaßnahmen ergriffen, erklärte die Armee.
Vorausgegangen waren Zusammenstöße zwischen israelischen Polizisten und Palästinensern auf dem Tempelberg. Die Polizisten versuchten Augenzeugen zufolge, Palästinenser aus der Al-Aksa-Moschee zu holen, dabei seien Blendgranaten und Gummigeschosse eingesetzt worden. Die israelische Polizei sah sich nach eigener Darstellung zu dem Vorgehen gezwungen, nachdem sich auf dem Gelände "maskierte Aufwiegler" verschanzt hätten. Mehr als 350 Menschen seien festgenommen und weggebracht worden.
Hisbollah erklären Unterstützung bei "Maßnahmen gegen Israel"
Rettungskräften zufolge wurden zahlreiche Menschen verletzt, darunter auch israelische Sicherheitskräfte. Der Rote Halbmond warf den Israelis vor, sie hätten Sanitäter daran gehindert, die Moschee zu erreichen. Nach den gewaltsamen Zusammenstößen waren schon am Mittwoch auch aus dem Gazastreifen Raketen auf Israel abgefeuert worden, woraufhin Israel mit eigenen Angriffen reagierte.
Nach den Zusammenstößen erklärte die Hisbollah im Libanon, palästinensischen Gruppen bei "Maßnahmen gegen Israel" ihre uneingeschränkte Unterstützung zuzusichern. Die Hisbollah verurteile "nachdrücklich den Angriff" auf die Al-Aksa-Moschee und bekunde ihre "volle Solidarität mit dem palästinensischen Volk und den Widerstandsgruppen", erklärte die pro-iranische Miliz. Sie verspreche, ihnen "bei allen Maßnahmen" zum Schutz der Gläubigen "zur Seite zu stehen".
Der Tempelberg in Jerusalem ist für Muslime und Juden eine heilige Stätte. In den vergangenen Jahren haben sich die Spannungen dort verschärft. In diesem Jahr kommt erschwerend hinzu, dass zeitlich der muslimische Fastenmonat Ramadan mit dem jüdischen Pessachfest und dem christlichen Osterfest zusammenfallen und dadurch mehr Menschen aller Religionsgruppen das Gelände aufsuchen.
Israel und der Libanon befinden sich offiziell im Kriegszustand. An der Grenze der beiden Staaten kommt es immer wieder zu Spannungen. Zu Raketenangriffen auf Israel bekannte sich in der Vergangenheit oftmals die Hisbollah.
Quelle: ntv.de, spl/AFP/rts