Heikler Einsatz im Gazastreifen Israelischer Soldat: "Härterer Kampf als je zuvor"
08.11.2023, 16:09 Uhr Artikel anhören
Die Armee ist mittlerweile von israelischem Territorium bis in das Zentrum von Gaza-Stadt im Norden des Gazastreifens vorgerückt.
(Foto: IMAGO/Agencia EFE)
Viele israelische Soldaten haben wegen der Auseinandersetzungen im Nahen Osten in den vergangenen Jahrzehnten eine Menge Kampferfahrung. Einer von ihnen glaubt, dass es seinem Land erst dieses Mal richtig ernst mit der Zerstörung der Hamas ist.
Bis zum 7. Oktober leitete Tzvi Koretzki eine Firma für Elektrooptik, am Tag nach dem Überfall der Hamas ging er zur Armee. Jetzt ist der 47 Jahre alte Oberstleutnant an der Grenze zum Gazastreifen im Einsatz. Der Kampf gegen die radikalislamische Palästinenserorganisation werde "härter als je zuvor", ist der Reservist überzeugt. Dutzende junge Wehrpflichtige scharen sich um den Offizier, viele sind gerade einmal halb so alt wie er. Für sie ist es der erste Kampfeinsatz, Koretzki hingegen hat 25 Jahre Erfahrung.
"Es ist das sechste oder siebte Mal, dass ich meine Waffen hier einsetze und auf Gaza schieße", sagt er und blinzelt unter seinem khakifarbenen Helm hervor. Zum ersten Mal sei es Israel ernst damit, die Hamas zu besiegen. "Ich hoffe, es wird der letzte Krieg sein."
Tag und Nacht feuert Koretzkis Artillerieregiment in Richtung Gazastreifen, die Baumreihen entlang der Grenze behindern die Sicht. "Man sieht das Ziel nicht, also hat man entweder einen Beobachter, der einem die Koordinaten mitteilt, oder man beschafft sich die Koordinaten selbst mit einer Drohne oder mit einem Radar", sagt Koretzki.
Immer in Alarmbereitschaft
Das schwere Gerät hat die Erde unter den Stiefeln der Männer aufgewühlt. Die Haubitzen des Regiments haben eine Reichweite von mehreren Kilometern. "Wir sind die ganze Zeit in Alarmbereitschaft, Tag und Nacht", sagt der 21-jährige Soldat Navad. "Wir bekommen die Koordinaten, sobald wir schießen müssen, und wir feuern auf terroristische Ziele, egal zu welcher Zeit." Die israelische Armee setzt nach eigenen Angaben weit von der Frontlinie entfernt Artillerie ein, um den Vormarsch von Infanterie- und Panzereinheiten im nördlichen Gazastreifen zu unterstützen.
Der palästinensische Küstenstreifen ist dicht besiedelt, mehr als 10.000 Menschen, fast alle Zivilisten, seien durch die israelischen Angriffe getötet worden, erklärt das von der Hamas geführte Gesundheitsministerium. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen. "Wir würden niemals schießen, wenn wir wüssten, dass wir Zivilisten töten würden", sagt Navad. "Und außerdem warnen wir sie."
"Es ist für alle hart"
Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu lehnt eine Feuerpause ab - es sei denn, die Hamas lasse die 240 Geiseln frei, die sie aus Israel verschleppt hat. Seit einem Monat sind die jungen Soldaten bereits im Einsatz. Aber sie beschwerten sich nicht, sagt Koretzki. "Sie fragen nicht 'Wie lange dauert das noch?' Diese Fragen stellen sich nicht nach dem, was wir erlebt haben. Der Auftrag ist diesmal so klar, dass man nicht viel erklären muss." Zu weit in die Zukunft zu denken, "kann die Moral senken", sagt Navad. "Es ist für alle hart, es macht uns Angst und Stress, aber wir sind stark."
Koretzki hat den grausamen Angriff der Hamas, bei dem 1400 Menschen getötet wurden, aus nächster Nähe miterlebt. Die palästinensischen Kämpfer überfielen an jenem Samstag im Oktober auch den Kibbuz, in dem er lebt, knapp zwei Kilometer von der Grenze entfernt. "Unsere Leute haben gegen sie gekämpft, und ich habe die Verletzten ins Krankenhaus gebracht, weil die Krankenwagen den Kibbuz nicht erreichen konnten", berichtet er. "Am Sonntagmorgen wurde der gesamte Kibbuz evakuiert und ich ging zur Armee."
Quelle: Von Sophie Markis, AFP