Politik

Bundesrechnungshof sieht Verstoß Ist der Corona-Haushalt verfassungswidrig?

Der Bundestag hat unter anderem die Mehrwertsteuer gesenkt, um den Konsum anzukurbeln.

Der Bundestag hat unter anderem die Mehrwertsteuer gesenkt, um den Konsum anzukurbeln.

(Foto: picture alliance/dpa)

Milliarden-Hilfen sollen die Wirtschaft wieder ankurbeln. Deutschland beschließt wegen der Corona-Krise zwei Nachtragshaushalte. Dabei wären neue Kredite zumindest teilweise "nicht notwendig" gewesen, kritisiert der Chef des Bundesrechnungshofes. Er hält die zusätzliche Verschuldung für illegal.

Der Präsident des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller, fällt ein vernichtendes Urteil über die drastische Erhöhung der Staatsverschuldung in der Corona-Krise. "Das entspricht nicht den Regeln des Grundgesetzes", sagte er dem "Spiegel". Um von den Regeln der Schuldenbremse nach Artikel 115 Grundgesetz abzuweichen, sei erneut eine außergewöhnliche Notlage deklariert worden, "doch diese hat die Regierung selbst herbeigeführt".

Der Bundestag hatte zunächst Ende März zur Bekämpfung der Corona-Krise einen Nachtragshaushalt mit 156 Milliarden Euro Neuverschuldung verabschiedet und dazu auch das Aussetzen der Schuldenbremse beschlossen. Anfang Juli wurde ein zweiter Nachtragshaushalt beschlossen, mit dem insbesondere das zwischenzeitlich vereinbarte Konjunkturpaket finanziert werden soll. Dafür sind weitere 62,5 Milliarden Euro Schulden vorgesehen, weshalb erneut ein Aussetzen der Schuldenbremse beschlossen wurde. Mit dem zusätzlichen Geld sollen vor allem Maßnahmen finanziert werden, die Konsum und Wirtschaft wieder ankurbeln sollen.

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"Die Haushaltsgrundsätze Jährlichkeit, Klarheit und Wahrheit wurden nicht eingehalten", monierte Rechnungshofpräsident Scheller im "Spiegel". Unter Jährlichkeit versteht man die Pflicht der öffentlichen Verwaltung, den jeweiligen Haushalt innerhalb des Kalenderjahrs zu beschließen. "Man hat Mittel festgelegt, über die eigentlich der jeweils zuständige Bundestag in späteren Haushalten beschließen muss." Konkret bemängelte Scheller, dass weitere schuldenfinanzierte 26 Milliarden Euro in Energie- und Klimafonds geparkt würden, "für zukünftige Ausgaben, ohne Zusammenhang mit der Krise. Das ist keine Notsituation".

"Die zusätzliche Verschuldung im zweiten Nachtragshaushalt war objektiv nicht notwendig", urteilte der Behördenchef. Eigentlich sei das nötige Geld im Haushalt bereits vorhanden - in milliardenschweren Rücklagen und Sonderfonds, die trotz Krise nicht angetastet würden. "Das Grundgesetz ist aus unserer Sicht nicht eingehalten." Scheller fügte hinzu, zur Feststellung einer möglichen Verfassungswidrigkeit sei das Bundesverfassungsgericht der richtige Ansprechpartner.

Quelle: ntv.de, hul/AFP/dpa

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