Politik

Westbalkan-Konferenz in Polen Jetzt ist die EU am Zug

In Posen treffen sich Vertreter der EU und der Staaten vom Westbalkan.

In Posen treffen sich Vertreter der EU und der Staaten vom Westbalkan.

(Foto: imago images / Eastnews)

Einige Länder des westlichen Balkans haben ihre Hausaufgaben gemacht. Nun muss die EU dafür sorgen, dass sie die Region langfristig nicht an China, Russland oder die Türkei verliert. Denn deren Einfluss wächst.

Die Frage nach den Hausaufgaben ist bei jährlichen politischen Zusammentreffen immer eine entscheidende. Wer hat konkrete Fortschritte vorzuweisen? Wer nicht? So ist das auch bei der Westbalkan-Konferenz, die in diesem Jahr in der polnischen Stadt Posen stattfindet. Konkret geht es bei dieser diplomatischen Initiative - auch als "Berliner Prozess" bekannt - um die Beitrittsperspektive der sechs Länder des westlichen Balkans (Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien) in die Europäische Union. Die Idee dafür kam 2014 von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Klar ist: Die Länder des westlichen Balkans haben noch viele Hausaufgaben zu erledigen. Korruption bleibt ein Thema, ebenfalls organisierte Kriminalität. Auch Konflikte der Staaten untereinander spielen eine große Rolle, beispielsweise zwischen Serbien und Kosovo. Derzeit erhebt Kosovo sogar einen Zoll von 100 Prozent auf Einfuhren aus Serbien und Bosnien-Herzegowina.

Doch es gibt auch Lichtblicke: Der Namensstreit zwischen dem einstigen Mazedonien, das jetzt Nordmazedonien heißt, und Griechenland ist seit diesem Jahr offiziell beigelegt. Damit wird die griechische Regierung die Aufnahme der Beitrittsgespräche des Landes nicht mehr blockieren. Eine historischer Durchbruch, dessen positive Auswirkungen die EU nutzen sollte, um in Sachen Beitrittsperspektiven konkreter zu werden. Sie ist sich in dem Punkt aber uneinig. Unter anderem Frankreich steht einer Erweiterung in der Region skeptisch gegenüber, auch die Niederlande und Dänemark haben Bedenken.

Dieses Hinhalten dauert nun schon viele Jahre an und könnte schwerwiegende Folgen haben, denn der Einfluss von Russland, China oder der Türkei in den Westbalkan-Staaten wächst. Zwar ist die EU weiterhin mit Abstand der wichtigste Handelspartner und Förderer der Region, doch hinterlässt sie auch Lücken, die von Nicht-EU-Staaten dankend gefüllt werden. So verbreitet die russische Regierung beispielsweise in Serbien über staatsnahe Sender wie Russia Today oder Sputnik bewusst antiwestliche Ideologien oder pflegt enge Beziehungen zu gleichgesinnten Parteien in Nordmazedonien. Die Türkei und China investieren wiederum kräftig, sogar die Vereinigten Arabischen Emirate gaben Serbien 2017 Kredite in Höhe von über einer Milliarde Euro.

Entgleitet die Region?

Die Gefahr des Entgleitens der Region ist auch bei der diesjährigen Konferenz ein Thema. So warb Johannes Hahn, EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen, bei seiner Rede in Posen für Investitionen der EU in der Region und betonte, dass diese vom europäischen Steuerzahler finanziert werden. Damit unterscheiden sie sich von "russischen oder chinesischen Mitteln, die fast ausschließlich in Form von Darlehen ausgegeben werden und an Bedingungen geknüpft sind", so Hahn.

Fraglich ist allerdings, ob derzeit überhaupt konkrete Beitrittsperspektiven für die Westbalkan-Staaten beschlossen werden können. Denn auch Brüssel befindet sich zwischen einer alten und neuen Regierung, und die Nominierung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen für den Posten der EU-Kommissionschefin lenkt vom eigentlichen Thema der Westbalkan-Konferenz ab.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wird an diesem Freitagnachmittag in Posen sprechen. Im Vorfeld bezeichnete sie den weiteren Weg für die entsprechenden Länder als "steinig". Damit wird sie wohl recht behalten. Doch klar ist auch: Die EU ist nun am Zuge. Sonst suchen sich die Westbalkan-Staaten womöglich andere Partner mit anderen Plänen - und das wäre für Europa eine fatale Entwicklung.

Quelle: ntv.de

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