Vielsagender Satz des Kanzlers Jetzt wollen sogar die Grünen massive Aufrüstung
17.02.2024, 14:35 Uhr Artikel anhören
Wirtschaftsminister Habeck klagt über die lahmende Rüstungsindustrie: "Wir kriegen die Produktion nicht hoch." Dem Kanzler will er darum Beine machen und die Union ins Boot holen.
Als die Nachricht vom Tod Alexej Nawalnys in den Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz platzte, schoben sich noch dunklere Wolken über Stimmung der vielen Generäle, Politiker und Experten. Es entstand der Eindruck: Kriegsherr Wladimir Putin fühlt sich stärker denn je - "und vielleicht hat er ja auch recht", wie ein hoher Sterne-General der Bundeswehr hinter vorgehaltener Hand sagte.
Zu den ziemlich Besorgten zählt auch der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck und zu den ziemlich Ungeduldigen inzwischen auch. Im ntv-Interview erklärt er in fast wütendem Ton: "Wir müssen jetzt Produktionskapazitäten aufbauen. Das hätten wir schon vor zwei Jahren machen sollen." Was allerdings zwei Jahre seit Kriegsbeginn gedauert hat, war der Weg bis zum ersten Spatenstich einer neuen Munitionsfabrik in Deutschland. Der Bundeskanzler hat sie feierlich eröffnet, aber bis sie produziert, wird es noch dauern.
"Wir kriegen die Produktion nicht hoch", schimpfte Habeck in dem Interview weiter. Der Industrie macht er daraus weniger den Vorwurf, eher der eigenen Ampel-Regierung. Nur wenn die Industrie mit länger laufenden Abnahmegarantien versorgt werde, könne die Produktion rasch wachsen. "Was wir brauchen, ist eine Abnahmegarantie", schlussfolgert Habeck.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sieht es genauso. Sie will in der nächsten EU-Kommission - wenn sie sie wieder anführen sollte - eine Art "Rüstungskommissar" installieren. Vergleichbar wäre das dem "Impfstoff-Kommissar" Breton, der in der Corona-Krise die europaweite Produktion und Abnahme von Impfstoffen organisierte. Und auch hier galt: Nur bei länger laufenden Abnahmegarantien fährt die Industrie die Produktion hoch - dann aber rasant.
Aufrüstung als zentrales Projekt
Es sei alles eine Frage des Geldes, erklärte Habeck in dem Interview weiter - als er nach einem Satz aus der Kanzler-Rede am Morgen gefragt wurde, der wohl viele bei der Sicherheitskonferenz aufhorchen ließ. "Ohne Sicherheit ist alles andere nichts", hatte der Kanzler gesagt. Wenn es mehr als eine schön entschlossen klingende Sonntagsreden-Floskel sein sollte, wären die Konsequenzen enorm: Sicherheit und Aufrüstung würden auf Platz eins der Prioritätenliste springen, "alles andere" müsste nach hinten rücken. Oder mit dem typischen Nachdenk-Sound Robert Habecks: "Wenn es heißt, ohne Sicherheit ist alles nichts, dann heißt das auch, das andere ist weniger wert."
Aus dem jetzt schon hoch umstrittenen Bundeshaushalt seien die Summen aber nicht zu mobilisieren, warnte der Vizekanzler. "Wenn man sich die Volumina ansieht, um die es geht, wird es mit Umschichtungen im Bundeshaushalt nicht gehen. Das wären Bruchteile der Volumina, über die wir reden, wenn wir diesen Satz wirklich ernst nehmen. Sicherheit kostet etwas." In den 1960er und 70er Jahren übrigens einen mehrfach so hohen Anteil des deutschen Bruttosozialprodukts im Vergleich zu den zuletzt gut zwei Prozent.
Robert Habeck jedenfalls scheint das Projekt Aufrüstung für das zentrale der nächsten Jahre zu halten. Der Schreck scheint ihm auf der Sicherheitskonferenz in die Knochen gefahren zu sein. An düsteren Prognosen zum Krieg in der Ostukraine, den Wahlen in den USA und der zynischen Entschlossenheit Wladimir Putins hatte es aber auch nicht gemangelt. Vielleicht garnierte Habeck seine Forderungen auch deshalb mit einem kaum zu überhörenden Appell an die Opposition von CDU und CSU. "Sicherheit ist ein konservatives Anliegen", sagte der grüne Vizekanzler. Und meinte wohl: Die Konservativen sollten helfen, das dafür nötig Geld zu besorgen.
Quelle: ntv.de