Sonderermittler im Fall Amri Jost bestätigt Manipulation von Akten
03.07.2017, 13:44 Uhr
Um Ermittlungspannen zu vertuschen, haben Kriminalbeamte in Berlin Akten manipuliert.
(Foto: picture alliance / Arne Dedert/d)
Vor dem Berliner Innenausschuss bestätigt Sonderermittler Bruno Jost, dass Beamte der Kriminalpolizei nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt im vergangenen Dezember Akten manipuliert haben. Er warnt allerdings auch vor Pauschalurteilen.
Der Sonderermittler zum Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt, Bruno Jost, hat die Manipulationen von Akten der Kriminalpolizei bestätigt. Er gehe davon aus, dass weitere Beamte des Landeskriminalamts (LKA) als bisher bekannt an den nachträglichen Aktenmanipulationen beteiligt waren. "Es spricht einiges dafür, dass die Fachaufsicht ganz oder teilweise versagt hat", sagte Jost im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses weiter. Damit sei die Leitung des Kommissariats 541 gemeint.
Bei rechtzeitiger Weitergabe aller polizeilichen Erkenntnisse hätte die Staatsanwaltschaft nach Josts Erkenntnissen ein Verfahren gegen Amri wegen gewerbsmäßigen Drogenhandels einleiten können. Dass diese Erkenntnisse vorlagen, habe durch die nachträgliche Aktenmanipulation am 18. Januar verschleiert werden sollen.
Der vom Berliner Senat beauftragte Jost hatte zuletzt widersprüchliche Aktenvermerke entdeckt. Im LKA soll ein Dokument nachträglich manipuliert worden sein, um die versäumte Gelegenheit einer Festnahme Amris mehrere Wochen vor dem Anschlag zu vertuschen.
Zugleich verteidigte der Sonderermittler aber die Arbeit der Polizei gegen allgemeine Beschuldigungen. "Eine undifferenzierte und pauschale Verurteilung der Polizei und des LKA ist aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt", sagte Jost. Innensenator Andreas Geisel von der SPD kündigte an, den Zwischenbericht sofort nach der Vorstellung im Internet zu veröffentlichen.
Amri plante kein Leben nach dem Attentat
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft war Amri in Deutschland bis zum Schluss als Einzeltäter unterwegs. Es gebe keine Hinweise darauf, dass der Attentäter in Deutschland Unterstützer gehabt habe, sagte Bundesanwalt Thomas Beck im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Vom Ausland aus sei er allerdings von Mitgliedern des sogenannten Islamischen Staates (IS) angeleitet worden. Beck leitet bei der Bundesanwaltschaft die Abteilung Terrorismus.
Beck sagte weiter, Amri habe sein Leben nicht über das Attentat auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche Ende 2016 hinaus geplant. Deswegen habe er auch sein Portemonnaie und zwei Handys bewusst am Tatort hinterlassen, um sich zur Tat zu bekennen. Möglicherweise habe Amri nicht damit gerechnet, den Anschlag selber zu überleben.
Ende vergangener Woche war die Leiche von Amri zur Beerdigung in sein Heimatland Tunesien gebracht worden. Nach einer Autopsie in einem Krankenhaus der Hauptstadt Tunis war die Beisetzung in seiner Heimatprovinz Kairouan für den Samstag geplant. Nach dem Attentat wurde Amri auf der Flucht von italienischen Polizisten erschossen.
Quelle: ntv.de, jug/dpa/AFP