Gewaltaufrufe und Planung Kapitol-Sturm: Ausschuss beschuldigt soziale Medien
14.01.2022, 09:29 Uhr
Vor gut einem Jahr, am 6. Januar 2021, erstürmten Anhänger des abgewählten Präsidenten Trump das Kapitol in Washington.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Als "Brutstätten für die Radikalisierung" bezeichnet Bennie Thompson Plattformen wie Facebook. Der Chef des Untersuchungsausschusses zum Sturm aufs US-Kapitol sieht sie in der Pflicht bei der Aufklärung der Vorfälle. Haben die sozialen Medien zu wenig unternommen, um Hass zu unterbinden?
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Erstürmung des US-Kapitols vor einem Jahr hat von vier Internetkonzernen Dokumente angefordert. Die verpflichtende Aufforderung zur Übergabe der Unterlagen ging an die Google- und Youtube-Mutter Alphabet, die Facebook-Mutter Meta sowie an die Plattformen Twitter und Reddit, wie das Gremium mitteilte. Sollten sie sich weigern, dürften die Fälle wohl bald die Gerichte beschäftigen.
Der Ausschussvorsitzende Bennie Thompson erklärte, damit solle die Frage geklärt werden, "wie die Verbreitung von Falschinformationen und gewalttätigem Extremismus zur gewaltsamen Attacke auf unsere Demokratie beigetragen hat". Man wolle auch herausfinden, welche Schritte die Internetunternehmen unternommen hätten, um zu verhindern, "dass ihre Plattformen Brutstätten für die Radikalisierung von Menschen hin zur Gewalt sind". Auf den Plattformen von Meta - zu denen auch Instagram und Whatsapp gehören - seien vor dem Angriff auf das Kapitol zahlreiche Hassbotschaften, Gewaltaufrufe, Verschwörungstheorien und Falschinformationen verbreitet worden.
Youtube wiederum sei von Nutzern für die Kommunikationen bezüglich der "Planung und Ausführung" des Angriffs vom 6. Januar eingesetzt worden, inklusive der Livestreams während der Erstürmung, hieß es. Gleiches gelte für Twitter. Das Unternehmen soll zudem vor dem Angriff Warnhinweise erhalten haben. Auch habe Twitter noch keine Informationen zur Entscheidung vorgelegt, das Konto des damaligen Präsidenten Donald Trump am 8. Januar zu sperren.
Der demokratische Abgeordnete warf den Internetriesen vor, über Monate nicht die fraglichen Dokumente an den Ausschuss übermittelt zu haben. Deswegen sei nun die verbindliche Anordnung ausgesprochen worden. Youtube, Facebook, Reddit und Twitter hätten unter anderem bei der Kommunikation der Angreifer im Vorfeld und am Tag der Attacke eine wichtige Rolle gespielt.
Facebook-Muttergesellschaft Meta teilte mit, das Unternehmen habe dem Ausschuss die angeforderten Dokumente "nach einem bestimmten Zeitplan vorgelegt - und wir werden dies auch weiterhin tun". Reddit und Alphabet erklärten ebenfalls, dass sie mit dem Ausschuss zusammenarbeiten, um die angeforderten Informationen bereitzustellen. Alphabet fügte hinzu, dass seine Plattformen "strikte" Verbote von Inhalten hätten, "die zu Gewalt aufrufen oder das Vertrauen in die Wahlen untergraben". Das Unternehmen habe diese Regeln "vor dem 6. Januar angewandt" und tue dies "auch heute noch". Twitter lehnte es ab, sich zu äußern.
Radikale Anhänger des abgewählten Präsidenten Donald Trump hatten das Kapitol gestürmt, als dort der Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl vom 3. November 2020 zertifiziert werden sollte. Der Sturm auf den Sitz des Kongresses mit fünf Toten sorgte weltweit für Entsetzen und gilt als schwarzer Tag in der Geschichte der US-Demokratie. Der vom Repräsentantenhaus eingesetzte Untersuchungsausschuss soll die genauen Hintergründe der Attacke aufklären.
Quelle: ntv.de, mbe/AFP/dpa