Erdogan in Athen "Kein Problem zwischen uns, das unlösbar ist"
07.12.2023, 15:51 Uhr Artikel anhören
Erdogan (l.) und Mitsotakis wollen einen Weg zu einem friedlichen Miteinander gefunden haben.
(Foto: picture alliance/dpa)
Zwischen Ankara und Athen dominieren über Jahre die Streitthemen: Zypern, Grenzverläufe, Bodenschätze. Seit einiger Zeit nähern sich beide Länder aber wieder an und wollen das Tempo nun deutlich erhöhen. Bei einem Treffen wählen Erdogan und Mitsotakis große Worte.
Griechenland und die Türkei wollen ihre angespannten Beziehungen verbessern. "Geografie und Geschichte haben uns diktiert, dass wir in derselben Nachbarschaft leben ... gelegentlich in Konfrontation", sagte der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis nach dem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. "Aber ich fühle eine historische Verantwortung, diese Gelegenheit zu nutzen, um die beiden Staaten Seite an Seite zu bringen, so wie unsere Grenzen sind", fügte er hinzu. "Es gibt kein Problem zwischen uns, das unlösbar ist", betonte Erdogan. Künftig soll jährlich solch ein Treffen abgehalten werden.
Erdogan zeigte sich zu Beginn seines ersten offiziellen Besuchs in Athen seit 2017 überzeugt, dass nun eine "neue Ära" beginne. "Wir müssen optimistisch sein, und dieser Optimismus wird in Zukunft Früchte tragen", fügte er bei einem Treffen mit seiner griechischen Amtskollegin Katerina Sakellaropoulou hinzu.
Ausgebaut werde soll die Zusammenarbeit etwa in den Bereichen Tourismus, Handel, Energie, aber auch Migration, Technologie und Bildung. Das vereinbarten parallel zahlreiche Minister beider Länder. So soll sich unter anderem das Handelsvolumen zwischen beiden NATO-Mitgliedern in den kommenden fünf Jahren auf zehn Milliarden US-Dollar (rund 9,3 Milliarden Euro) verdoppeln. Türkische Staatsbürger wollen künftig unproblematisch einwöchige Visa erhalten, um auf zehn griechischen Inseln nahe der türkischen Küste Urlaub zu machen. Die EU hat dies bereits genehmigt.
Erdbeben-Hilfe sorgte für Entspannung
Große Unstimmigkeiten gibt es weiterhin unter anderem über Hoheitsrechte in der Ägäis und das Recht auf Abbau von Ressourcen wie Erdgas unter dem Meeresboden. Man hoffe, auch diese Themen überwinden zu können, sagte Mitsotakis. Noch im vergangenen Jahr hatte Erdogan scharfe Töne angeschlagen und Athen die Besetzung von Inseln in der Ägäis vorgeworfen. "Wir könnten eines Nachts plötzlich kommen", drohte er damals. Beide Länder streiten zudem seit Jahren über das geteilte Zypern, wo die türkische Armee nach wie vor den Nordteil der Insel besetzt hält.
In den 1990er Jahren standen Länder sogar am Rande eines Krieges. Die Beziehungen verbesserten sich, nachdem Griechenland der Türkei nach einem verheerenden Erdbeben im Februar Hilfe geschickt hatte. Den griechischen Ministerpräsidenten Mitsotakis hatte Erdogan zuvor in einem griechischen Zeitungsinterview "meinen Freund" genannt. Nach den Wiederwahlen Erdogans und Mitsotakis in diesem Jahr erklärten beide, ihre Rivalität beiseitelegen zu wollen. Der türkische Präsident bemüht sich seit seiner Wiederwahl um bessere Beziehungen mit EU-Staaten wie Deutschland. Ein Hindernis dafür waren die Spannungen mit den EU-Ländern Griechenland und Zypern.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/AFP/dpa