Für höhere Flottenverfügbarkeit Keine Raketenabwehr in neuen Regierungsfliegern?
02.04.2023, 13:48 Uhr
Der Flieger von Kanzler Scholz ist mit einem Raketenabwehrsystem ausgestattet.
(Foto: IMAGO/Scanpix)
Mit drei neuen Flugzeugen soll die Flugbereitschaft der Bundesregierung erweitert werden und die Pannenserie enden. Einem Medienbericht zufolge könnte bei den neuen Airbus-Maschinen eine wichtige Funktion wegfallen.
Die Flugbereitschaft der Bundesregierung schreibt in der Regel keine positiven Schlagzeilen. Vielmehr verbindet man die Regierungsflieger mit einer ganzen Reihe an Pannen, die dazu geführt hatten, dass deutsche Spitzenpolitiker nicht vom Fleck kamen. Um flexibler zu sein und die Pannenserie zu stoppen, wurde 2019 beschlossen, die Flotte zu erweitern. Für 1,2 Milliarden Euro wurden drei neue Maschinen vom Typ A350 bei Airbus bestellt, die 2023 in den Betrieb gehen sollen. Einem Bericht der "Bild"-Zeitung nach zieht die Bundesregierung in Erwägung, bei den neuen Fliegern auf eine wichtige Funktion zu verzichten: das Raketenabwehrsystem.
Die Zeitung beruft sich auf die Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage des CDU-Haushaltspolitikers Ingo Gädechens. "Der Vorschlag des Inspekteurs der Luftwaffe, auf die Umrüstung von Selbstschutzsystemen zugunsten einer höheren Flottenverfügbarkeit zu verzichten, wurde seitens des Ministeriums aufgegriffen und wird aktuell unter Abwägung von Kosten, Nutzen und Risiken einer Bewertung unterzogen", heißt es in der Antwort. Nach Informationen des Blatts soll das Kanzleramt einem Verzicht bereits zugestimmt haben. Zusammen mit dem Bundespräsidenten und der Außenministerin zählt Scholz (beziehungsweise Angela Merkel vor ihm) zu den Hauptnutzern der Airbus-Flieger.
Der Verzicht auf das Abwehrsystem hätte den Vorteil, dass alle drei Flieger sofort zur Verfügung stünden. Denn der Einbau der Raketenabwehr Large Aircraft Infrared Countermeasures (LAIRCM) würde nach Inbetriebnahme der Flieger nochmals sechs Monate dauern und die Maschinen dann abermals aus dem Flugverkehr ziehen. Für CDU-Politiker Gädechens ist der Verzicht trotzdem keine Option. "Was für ein irrer Plan aus dem Verteidigungsministerium", sagte er der Zeitung. "Wir haben wieder Krieg auf europäischem Boden. Und die Regierung kommt auf die Idee, die Schutzsysteme der neuen Regierungsflieger zu streichen."
Ministerium reagiert auf Bericht
Das Verteidigungsministerium reagierte am Nachmittag auf den Bericht und stellte in einer Pressemitteilung klar: "Für Reisen der Regierungsmitglieder in Einsatz- und Risikogebiete werden die sehr gut geschützten A400M genutzt. Für die anderen Reisen die 'Weiße Flotte'." Zu Letzterer zählen die besagten A350. Ein Selbstschutzsystem für diese Maschinen sei derzeit nicht marktverfügbar und müsste mit hohem Kosten- und Zeitaufwand entwickelt werden.
Momentan zeichne sich zwar ab, dass eine Integration der LAIRCM in A350-Fliegern technisch grundsätzlich umsetzbar sei. "Diese würde allerdings Haushaltsmittel in dreistelliger Millionenhöhe binden und mehrere Monate pro Luftfahrzeug in Anspruch nehmen, was die Verfügbarkeit stark einschränken würde." Die Befragung zu der Thematik von Bundespräsident, Bundeskanzler und Bundesaußenministerin sei noch nicht abgeschlossen. Sobald die Antworten der Hauptnutzenden eingetroffen seien, würden diese ausgewertet und gemeinsam mit dem Inspekteur der Luftwaffe noch einmal bewertet. "Ziel ist es dabei immer, die Verfügbarkeit der Flotte, die Interessen der Nutzenden und den Schutz der Regierungsmitglieder auf ihren Reisen bestmöglich zu berücksichtigen."
Die LAIRCM sind ein Verteidigungssystem für große Transport- und Drehflügler, die ein Raketenwarnsystem (MWS) und eine Infrarot-Laser-Störsender-Gegenmaßnahme zum Schutz des Flugzeugs vor infrarot-gesteuerten Raketen beinhalten. Die Kosten für das Selbstschutzsystem in den drei Maschinen waren 2019 von der Bundesregierung auf 229 Millionen Euro taxiert.
Quelle: ntv.de, mba/fzö